Alte Niederlagen als neuer Vorteil
Die deutschen Volleyballerinnen wollen sich mit der Qualifikation für Olympia einen lang ersehnten Traum erfüllen
Die deutschen Volleyballerinnen wollen nach Rio. Letztmals spielten sie 2004 in Athen bei Olympia. Beim Qualifikationsturnier in Ankara ruhen die Hoffnungen auch auf einer Rückkehrerin.
Von Martin Moravec, Ankara
Ausgerechnet Ankara! An der Stätte einer ihrer größten Enttäuschungen wollen sich die deutschen Volleyballerinnen den Traum von Rio erfüllen. Rund dreieinhalb Jahre nach dem schmerzhaften Aus in der Qualifikation für die Olympischen Spiele in London hoffen Spielführerin Margareta Kozuch & Co. nun auf das heiß begehrte Ticket an den Zuckerhut im Sommer 2016. »Wir wollen das Maximale herausholen«, kündigte Bundestrainer Felix Koslowski vor dem Qualifikationsturnier in der türkischen Hauptstadt an.
Der Druck ist schon vor dem Auftakt am Montag (13 Uhr) in der Vorrundengruppe A gegen die Niederlande unter dem früheren Bundestrainer Giovanni Guidetti und kaum zu steigern. Denn nur der Gewinner des Wettbewerbs darf Flüge nach Brasilien buchen. »Wir sind positiv gestimmt«, sagte Außenangreiferin Maren Brinker, »wir hatten eine kurze, aber gute Vorbereitung«.
Die Erinnerung an das Halbfinal-Aus in Ankara im Jahr 2012 ist bei Koslowski, der damals Assistent von Guidetti war, noch lebhaft vorhanden. Seine Mannschaft will die damals gesammelten Erfahrungen aber für sich nutzen. »Das ist vielleicht ein Vorteil für uns«, sagte Brinker.
Als Nachteil wird sich die erst im November fixierte Verpflichtung von Koslowski kaum erweisen. Die Mannschaft kam mit Vorgänger Luciano Pedullà nicht klar. Nach dessen Intermezzo soll nun also Koslowski den EM-Fünften erstmals seit den Spielen von Athen 2004 wieder zu Olympia führen.
Als Etappensieg verzeichnete der Vereinstrainer des Schweriner SC die Rückholaktion von Christiane Fürst. Die Legionärin vom türkischen Spitzenverein Eczasibasi Istanbul wird der Mannschaft mit ihrer Klasse und ihrer Erfahrung in den anstehenden Zitterduellen sicher helfen können. »Als Persönlichkeit ist sie unglaublich wichtig«, sagte Koslowski über die 30-jährige Mittelblockerin.
Vor allem als psychologische Stütze in der Mannschaft ist Corina Ssuschke-Voigt eingeplant. Nach ihrer Babypause feiert auch die zweite erfahrene Mittelblockerin ein Comeback im Nationalteam. »Wenn ich aufs Feld komme, bin ich immer mutig und aggressiv und gebe niemals auf«, verkündete die 32-Jährige selbstbewusst. Natürlich ist auch für sie Rio das große Ziel. »Der Hammer, der Wahnsinn, megakrass wäre das einfach«, beschrieb Ssuschke-Voigt die avisierte Qualifikation. Dies sei der »Traum der Träume«.
Die Hoffnungen der Deutschen will ein alter Bekannter gleich zum Auftakt dämpfen. Guidettis Niederländerinnen sind zu Beginn des Turniers der erste Härtetest. »Ich werde vor dem Spiel sicher 41,4 Grad Fieber haben«, spielte der Italiener schmunzelnd auf das hochemotionale Duell an. »Cool bleiben ist aber super wichtig«, betonte er.
Guidetti hält die Auswahl des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) für sehr gefährlich. »Sie treten mit ihrer besten Mannschaft an, haben den besten deutschen Coach und verfügen über unglaublich viel Erfahrung«, sagte der Trainer des Europameisterschaftszweiten. »Für mich sind sie einer der Favoriten des Turniers.«
Die Türkinnen sind das angesichts ihres Heimvorteils allerdings auch. Der Gastgeber ist am Dienstag (18.30 Uhr) der nächste dicke Brocken. »Wir haben eine Rechnung offen«, erinnerte Brinker an das knappe Aus im EM-Viertelfinale 2015 nach der besten Turnierleistung des DVV-Teams.
Am Mittwoch (15.30 Uhr) warten dann die unberechenbaren Kroatinnen auf die deutsche Auswahl. Sollte der Einzug in die K.o.-Runde gelingen, dürfte aber immer noch ein Ausnahmegegner wie Europameister Russland warten. »Jeder weiß, dass die Qualifikation über dieses eine Kontinentalturnier immer schon ein Wunder gewesen ist«, urteilte Christiane Fürst. dpa/nd
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