Saudi-Arabien verteidigt Hinrichtungen
Sicherheitsrat verurteilt Angriff auf saudische Botschaft in Teheran / Keine Kritik an Massenexekutionen
New York. Im durch die Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien ausgelösten Konflikt zwischen dem Königreich und dem Iran hat sich nun auch der UN-Sicherheitsrat eingeschaltet. Das Gremium verurteilte am Montag (Ortszeit) den Angriff auf die saudiarabische Botschaft in Teheran, die Hinrichtung des schiitischen Geistlichen blieb dagegen unerwähnt. Saudi-Arabien verteidigte bei den Vereinten Nationen die Hinrichtung von insgesamt 47 Menschen.
In einer einstimmig verabschiedeten Erklärung forderte der Sicherheitsrat den Iran nachdrücklich auf, »diplomatisches und konsularisches Eigentum und Personal zu schützen und den internationalen Verpflichtungen auf diesem Gebiet voll nachzukommen«. Zugleich wurden alle Seiten zum Dialog aufgerufen. Nicht erwähnt wurde in der Erklärung die Hinrichtung von Scheich Nimr Baker al-Nimr in Saudi-Arabien, die den Sturm wütender Demonstranten auf die Botschaft des Königreichs in Teheran ausgelöst hatte.
Vor der Erklärung des Sicherheitsrates hatte Saudi-Arabien von den Vereinten Nationen gefordert, sich für den Schutz seiner diplomatischen Einrichtungen im Iran einzusetzen. Zugleich verteidigte die UN-Vertretung des Königreichs die Massenhinrichtung. »Alle verurteilten Personen hatten einen fairen Prozess«, hieß es in einer Erklärung. Die gefällten Urteile gründeten sich allein auf die Gesetze und »das kriminelle und illegale Handeln« der Betroffenen.
Das sunnitisch geführte Saudi-Arabien hatte am Samstag 47 Menschen hinrichten lassen, unter ihnen al-Nimr. Dies löste massive Proteste aus, vor allem im schiitisch geprägten Iran. Nach dem Angriff auf seine Botschaft in Teheran verkündete Saudi-Arabien am Sonntag den Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Am Montag stoppte Riad zudem den Luftverkehr in den Iran.
Iran und Saudi-Arabien ringen seit Jahren um die Vormachtstellung am Golf. Die gegensätzlichen Interessen zeigen sich derzeit in den Konflikten in Syrien und im Jemen: Teheran unterstützt im Gegensatz zu Riad in Syrien Machthaber Baschar al-Assad und im Jemen die schiitischen Huthi-Rebellen, die wiederum von einer von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition bekämpft werden.
Wegen der Krise zwischen Saudi-Arabien und dem Iran wird befürchtet, dass die jüngsten Friedensbemühungen für Syrien und den Jemen zum Erliegen kommen. Dazu sagte der saudiarabische UN-Botschafter Abdallah al-Muallimi in New York: »Von unserer Seite aus soll es keine Auswirkungen geben. Wir werden weiter sehr hart arbeiten, um die Friedensbemühungen für Syrien und den Jemen zu unterstützen.« Saudi-Arabien werde wie geplant an der nächsten Runde der Friedensgespräche teilnehmen, versicherte al-Muallimi.
Um die Friedensgespräche zu retten, machte sich der UN-Sondergesandte für Syrien auf den Weg nach Riad. Staffan de Mistura solle später auch nach Teheran reisen, teilte die UNO in New York mit. Der Sondergesandte sei in Sorge, dass die Krise zwischen Saudi-Arabien und dem Iran »eine Reihe negativer Konsequenzen für die gesamte Region« haben könnte. Er wolle außerdem die Auswirkungen auf die Syrien-Gespräche ausloten.
Weltweit verstärkten sich derweil die Rufe nach einer Deeskalation. US-Außenminister John Kerry drängte seine Kollegen aus Saudi-Arabien und dem Iran in Telefonaten zu einer Beruhigung der Lage. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mahnte in der »Bild«-Zeitung: »Jetzt brauchen wir verantwortliche Akteure in der Region, die verantwortlich handeln, in Riad genauso wie in Teheran.« Die Türkei wiederum warnte in ihrer ersten Reaktion auf die Krise, dass der Streit die gesamte Region zu destabilisieren drohe. Dabei gleiche der Mittlere Osten schon jetzt einem »Pulverfass«, sagte Vize-Regierungschef Numan Kurtulmus. AFP/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!