Meißen: Polizei attackiert Flüchtlinge mit Pfefferspray
Asylbewerber und seine Familie von Rassisten in Chemnitz attackiert / Erneuter rechter Aufmarsch gegen Flüchtlinge in Chemnitz / Zuvor Blockadeversuch von Rassisten / Toleranz-Plakate an der Dresdner Palucca Hochschule für Tanz zerstört
Update 19.30 Uhr: Polizei setzt Pfefferspray gegen Flüchtlinge ein
Offenbar hatten sie das Warten in der Kälte satt: Im sächsischen Meißen hat die Polizei am Dienstmorgen Pfefferspray gegen eine Gruppe von 160 Flüchtlingen eingesetzt, die vor dem Landratsamt auf die Auszahlung ihrer Geldleistung wartete. Die Asylbewerber musste zunächst bei Minusgraden vor dem Gebäude ausharren, da das Sicherheitspersonal nur wenige Menschen nacheinander Einlass gewährte. Infolgedessen wurden einige Personen in der Schlange, in der sich auch Frauen und Kinder befanden, langsam unruhig, es kam zu einer Massendrängelei, wie die Sächsische Zeitung berichtet.
Vermutlich zu spät entschied das Landratsamt, zumindest für Frauen und Kinder einen warmen Warteraum zu öffnen. Einige der Wartenden ließen sich dadurch nicht beruhigen, weshalb Mitarbeiter der Behörde die Polizei hinzuriefen. Nachdem die Beamten die Situation durch ein Gespräch nicht entschärfen konnten, setzten sie das Pfefferspray gegen die Wartenden ein.
Das Landratsamt räumte indes eigene Fehler ein. Man wolle in Zukunft den Flüchtlingen kommunizieren, es sei nicht nötig, sich bereits mit der Öffnung der Behörde um 9 Uhr anzustellen, um die Hilfe auch wirklich ausgezahlt zu bekommen.
Update 17.05 Uhr: Chemnitzer Polizei ermittelt nach Angriff auf Asylbewerberfamilie
Unbekannte haben in der Neujahrsnacht in Chemnitz einen gehbehinderten Asylbewerber und seine Kinder attackiert. Im Zuge der Ermittlungen wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung und anderer Straftaten sucht die Polizei nach einer Mitteilung vom Mittwoch nach Zeugen und bittet um Hinweise. Der auf einen Rollator gestützte Tunesier, seine Tochter und der 16-jährige Sohn waren an einer Haltestelle von mehreren Menschen mit Flaschen in der Hand fremdenfeindlich beschimpft worden. Der 48-Jährige wurde mit Reizgas besprüht und zu Boden geschlagen, die 13-jährige Tochter wurde getreten.
Die Täter flüchteten danach stadteinwärts, die Opfer riefen die Polizei und kamen ins Krankenhaus. Wegen Sprachschwierigkeiten konnten die Ermittler Vater und Kinder erst am Dienstag befragen, wie eine Polizeisprecherin sagte. Nach den Beschreibungen wurden sie von einem kleinen und einem großen Mann mit kurzen oder wenigen Haaren sowie einer zierlichen Frau mit leuchtend rot gefärbten längeren Haaren attackiert, die ein Nasenpiercing hatte.
Update 13.00 Uhr: Toleranz-Plakate an der Dresdner Palucca Hochschule für Tanz zerstört
Sachsens Wissenschafts- und Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD) hat die Beschädigung von Toleranz-Plakaten an der Dresdner Palucca Hochschule für Tanz verurteilt. Die Zerstörung der Banner sei »ein Zeichen der Intoleranz und des mangelnden Respekts gegenüber den Mitarbeitern und Studierenden dieser weltweit angesehenen Einrichtung«, erklärte Stange am Mittwoch in Dresden. Unbekannte hatten während der Weihnachtsferien drei Außenbanner, die für Weltoffenheit und Toleranz werden, an der Dresdner Palucca Hochschule verwüstet. Ein Banner wurde komplett zerschnitten.
Der erneute Angriff auf eine international anerkannte Institution schade dem Ansehen des Freistaates, erklärte Stange. »Ich ermutige trotz dieser feigen Zerstörung alle Einrichtungen von Wissenschaft, Forschung, Kunst und Kultur ausdrücklich, sich nicht einschüchtern zu lassen und weiterhin ihre Weltoffenheit deutlich zu zeigen«, forderte sie.
Die Tanzhochschule stellte unterdessen Strafanzeige wegen Sachbeschädigung gegen Unbekannt. Den Angaben zufolge kommen mehr als 50 Prozent der Studierenden der Palucca-Schule und rund 65 Prozent der Lehrkräfte aus dem Ausland.
Update 11.50 Uhr: Messerattacke auf Somalier in Dresden
Im Fall der gewaltsamen Attacke auf einen jungen Somalier kurz vor Heiligabend in Dresden hat das Operative Abwehrzentrum die Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung übernommen. »Ein politischer, mithin fremdenfeindlicher Hintergrund der Tat kann nicht ausgeschlossen werden«, teilte die für Extremismus zuständige Stelle der Polizei in Leipzig am Mittwoch mit. Sie sucht Zeugen, die sich zum Tatzeitpunkt in der Straßenbahn oder an der Haltestelle im Stadtteil Strehlen befanden, wo der Asylbewerber am Abend des 23. Dezember 2015 rassistisch beleidigt und mit einem Messer angegriffen worden war. Der 19-Jährige, der in Begleitung von zwei Landsmännern war, wurde dabei an der Hand verletzt. Die Täter konnten unerkannt flüchten.
Erneuter rechter Aufmarsch gegen Flüchtlinge in Chemnitz
Nach monatelangen Protesten von Anwohnern sind die ersten Flüchtlinge in die Erstaufnahmeeinrichtung im Chemnitzer Stadtteil Einsiedel eingezogen. Bei der Ankunft der 40 Asylbewerber am Dienstag versuchten rund 50 Flüchtlingsgegner stundenlang, die Zufahrt zu dem früheren Pionierlager zu blockieren. Auf einem Plakat hieß es unter anderem »Einsiedel sagt Nein«.
Nach Angaben der Polizeidirektion Chemnitz wurden 16 Platzverweise erteilt. Gegen einen Teilnehmer werde wegen des Verdachts des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt. Die Versammlung löste sich schließlich am späten Nachmittag auf. Am Abend kam es dann zu einer weiteren spontanen Demonstration von rund 70 Flüchtlingsgegnern gegen das Heim. Ihnen standen etwa ebenso viele Sicherheitskräfte gegenüber. Ein Polizeisprecher bewertete die Lage kurz vor Mitternacht als ruhig. nd/Agenturen
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