Geländewagen statt Umweltschutz

Niedrige Spritpreise heizen Absatz von SUVs und Pick-ups in den USA an

  • Hannes Breustedt und 
Felix Frieler, Detroit
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach einem Verkaufsrekordjahr in den USA fahren die Autobauer mit breiter Brust zur am Montag beginnenden Automesse nach Detroit. Angeheizt wird der Boom vom billigen Sprit.

Billigspritparty und kein Ende: Wenn die Autoindustrie auf der ersten wichtigen Branchenmesse des Jahres in Detroit ihre neuen Modelle vorstellt, werden einmal mehr benzinschluckende SUV-Geländewagen und Pick-up-Trucks im Mittelpunkt stehen. Zwar geben sich die Hersteller - nicht zuletzt angesichts des VW-Abgasskandals - dieser Tage modern und lenken den Fokus auf Elektromobilität oder Roboterautos. Doch US-Kunden interessieren sich vor allem für schweres Gerät.

Das harte Durchgreifen der US-Behörden in der VW-Affäre um manipulierte Abgasmesswerte könnte den Eindruck erwecken, in den USA werde besonders penibel auf Umweltverträglichkeit geachtet. Aber ein Blick auf die Absatzstatistik der weltgrößten Volkswirtschaft zeigt, dass mons- tröse Pritschen- und Geländewagen mit hohem Verbrauch voll im Trend liegen. Die meistverkauften Modelle sind alles andere als energiesparende Ökofahrzeuge.

»2015 war ein herausragendes Jahr für die Autoindustrie«, sagt Toyota-Topmanager Bill Fay. Das stimmt zwar, doch würde man unterscheiden zwischen gewöhnlichen Pkws sowie SUVs und Pick-up-Trucks, ergäbe sich ein anderes Bild: Nur dank eines 13-prozentigen Absatzplus’ in letzterer Produktkategorie konnte die Branche mit knapp 17,5 Millionen verkauften Neuwagen ein Rekordjahr verbuchen. Die Nachfrage nach kleineren Fahrzeugen schrumpfte hingegen.

Das schlägt sich in den Verbrauchswerten nieder: Dem Transportation Research Institute der Universität von Michigan zufolge verschlechtert sich die Kraftstoffbilanz der gesamten US-Neuwagenflotte seit August 2014 das erste Mal seit Jahren wieder - und zwar deutlich. Grund sei der Trend weg von effizienteren Kleinwagen hin zu Kleinlastern und SUVs, erklärte Verkehrsforscher Michael Sivak in der »New York Times«.

Für deutsche Hersteller ist das eine Herausforderung. Bei Pick-up-Trucks sehen sie gegen US-Hersteller ohnehin kein Land und bei SUV-Geländewagen haben sie vor allem Modelle für den dicken Geldbeutel zu bieten. »Das Wachstum wird aber im Moment eher vom mittleren Preissegment getrieben«, sagt Commerzbank-Autoexperte Sascha Gommel. »Das hängt auch mit den niedrigen Benzinpreisen zusammen: Die Kunden gucken beim Autokauf nicht so sehr auf den Verbrauch«. So entscheiden sich viele für einen komfortablen SUV-Spritfresser statt einer klassischen Limousine.

Neben günstigem Benzin - der Ölpreis hat sich in den letzten zwei Jahren mehr als halbiert, was sich an den Tanksäulen bemerkbar macht - kurbeln die niedrigen Kreditzinsen, durch die sich Autokäufe günstig finanzieren lassen, den US-Absatz an. Auch wenn die Notenbank Fed die Leitzinsen im Dezember erstmals seit 2006 minimal erhöhte, sehen Experten gute Vorzeichen für den Markt.

»Die US-Konjunktur verzeichnet weiter Wachstum und die wichtigsten Faktoren, die die Nachfrage treiben, sind weiter gegeben - deshalb erwarten wir 2016 ein zweites Jahr mit Rekordverkäufen«, erklärt Chefökonom Mustafa Mohatarem vom Autobauer General Motors. Am wichtigsten sei, dass der Aufschwung am US-Arbeitsmarkt anhalte und die privaten Einkommen wüchsen.

Gommel ist vorsichtiger: »2016 wird schwieriger.« Vor allem die Arbeitslosigkeit könne in den USA nicht mehr allzu stark sinken. Er erwartet eher, dass die Verkäufe in China wieder anziehen und Europa den Weltmarkt weiter stützt. Am Haupttreiber des US-Verkaufsbooms - dem Billigsprit - dürfte sich so schnell nichts ändern. So geht die US-Investmentbank Goldman Sachs sogar davon aus, dass der Ölpreis von zuletzt rund 36 bis auf 20 Dollar fallen wird. dpa/nd

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