In zehn Minuten nach Timbuktu
»Money in Minutes« wirft einen Blick auf die Ökonomie hinter Western Union und Co.
Sie leben in New York, Dubai oder Rom im Schatten der Gesellschaft. Millionen von meist illegalen Migranten aus armen Schwellenländern arbeiten in reichen Industrieländern. Ihnen fehlt es an Vielem: Krankenversicherung, Arbeitsverträgen und vor allem an Bankkonten, mit denen sie Geld an die zu Hause gelassenen Väter, Mütter, Männer, Frauen und Kinder schicken können. Wie kann also das Geld von Dubai nach Kathmandu gebracht werden?
In früheren Zeiten hat man vielleicht in die Heimat reisenden Bekannten Umschläge für die Verwandten mitgegeben. Heute gibt es Western Union, MoneyGram und Co. Sie sind die Finanzdienstleister für die Unsichtbaren. Sie versprechen, unkompliziert und sicher Geld innerhalb von zehn Minuten aus Mexiko nach Timbuktu zu schicken, und verdienen dabei kräftig. Der 52-minütige Dokumentarfilm »Money in Minutes« wirft einen Blick auf diesen bislang wenig beachteten Aspekt der Globalisierung. Der Film wird am 26. Januar auf Arte erstmals im deutschen Fernsehen ausgestrahlt. Er zeigt nicht die Unternehmen, sondern die Menschen, die deren Dienste nutzen müssen.
Etwa den honduranischen Senior, der erzählt, acht seiner Verwandten leben in den USA, sechs in New York, einer in Miami und einer in Virginia. Es sei nicht leicht gewesen, sie in die Ferne ziehen zu lassen, erinnert sich der alte Mann. »Aber vielleicht war es ein Segen. Dank ihres Geldes ist meine Frau noch am Leben.«
Er ist nur einer von vielen, die auf Transfers von Verwandten in reichen Industrieländern angewiesen sind. Jährlich verschicken rund 200 Millionen Menschen 420 Milliarden US-Dollar über Bargeldtransfers. In manchen Ländern bilden diese Rücküberweisungen mittlerweile einen erheblichen Teil des Bruttosozialproduktes.
Der wohl größte Player auf diesem Markt ist Western Union. Mitte des 19. Jahrhunderts als Telegrafendienst gegründet, schwenkte das Unternehmen in den 1980er Jahren auf unkomplizierte Geldtransfers um. Mittlerweile an über 500 000 Standorten in 200 Ländern und Regionen der Welt. 2014 übermittelte Western Union in rund 255 Millionen Transaktionen 85 Milliarden US-Dollar zwischen Privatpersonen.
Dieses Geschäft hat auch seine Schattenseiten. Geldwäschevorwürfe sind das eine, vor allem aber sind diese Überweisungsdienste nach Hause teuer. Ein chinesischer Arbeiter in Italien erzählt, dass er seiner Frau 50 Euro nach Hause geschickt habe, dort angekommen seien abzüglich Gebühren und überhöhten Wechselkursen umgerechnet nur 35 Euro.
Der Dokumentarfilm spielt hauptsächlich in den USA. Dort seien die Strukturen der illegalen Arbeitsmigranten viel stärker ausgeprägt als in Deutschland, erzählt Matthias Heeder, der den Film zusammen mit Monika Hielscher 2014 drehte. »Heute würden wir es anders machen«, fügt er hinzu. Schließlich hätten die Transferdienste auf die Migrationsbewegungen im vergangenen Jahr rasant reagiert und in Windeseile entlang der Balkanroute eine Filiale nach der anderen eröffnet. Solange es ein Gefälle zwischen armen und reichen, sicheren und unsicheren Ländern gibt, wird es Menschen geben, die auf der Suche nach einem besseren Auskommen ihre Heimat verlassen, und solange wird es Unternehmen wie Western Union geben.
»Money in Minutes« wird am 26. Januar um 23:15 Uhr auf Arte gezeigt.
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