KP Vietnams schwört weiter auf »Doi Moi«

In Hanoi tagt der 12. Parteikongress / Spekulationen über Führungswechsel

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 3 Min.
Bevor sich Vietnam dem Trubel des Mondjahreswechsels ergibt, der mit dem Ende des Jahres der Ziege am 7. Februar einsetzt, versammeln sich in Hanoi die Delegierten des 12. Parteitages der Kommunisten.

Die 1500 Abgesandten von 4,5 Millionen Mitgliedern der einzigen Partei Vietnams beraten vom 21. bis zum 28. Januar über den künftigen Kurs des Landes. Die Kommunistische Partei Vietnams (KPV) begründet ihr Führungsmonopol mit ihren Verdiensten im Kampf um Unabhängigkeit und Einheit des Landes. Die große Mehrheit der inzwischen 90 Millionen Vietnamesen akzeptiert das, solange ihre Führung eine allmähliche Verbesserung der Lebenslage garantiert.

Das ist der Partei weitgehend gelungen, nachdem sie 1986 den Kurs der »Erneuerung« (Doi Moi) eingeschlagen hatte, der zu Beginn mit der sowjetischen »Perestroika« verglichen wurde. Ein Vergleich, an den sich heute kaum mehr jemand erinnert. Der Übergang zur »sozialistisch orientierten Marktwirtschaft« hat Millionen Vietnamesen aus der Armut befreit, Vietnam wird wegen anhaltenden Wirtschaftswachstums und Investorenfreundlichkeit gerühmt. 2015 wuchs die Wirtschaft um 6,5 Prozent, für das laufende Jahr sind 6,7 Prozent angestrebt. Zugleich sank die bisher oft zweistellige Inflationsrate auf das niedrigste Niveau der vergangenen 14 Jahre.

Bis 2020 soll die Grundlage geschaffen werden, um Vietnam zu einem modernen Industrieland entwickeln zu können. Ein ehrgeiziges Ziel, denn der Weg zu einer »unabhängigen, selbstständigen und hoch wettbewerbsfähigen Wirtschaft« scheint noch weit. Die Unterschiede in Einkommen und Lebensniveau - etwa zwischen Gewinnern der »Erneuerung« in den städtischen Zentren und Angehörigen ethnischer Minderheiten im Nordwesten oder in Zentralvietnam - sind enorm gewachsen. Delegierte aus den Provinzen werden während des Parteitags etliche Forderungen nach mehr Gerechtigkeit, besserem Gesundheits- und Bildungswesen für alle Bewohner des Landes stellen.

Seit Monaten wird auch unter ausländischen Beobachtern über einen Personalwechsel in der Partei- und Staatsführung spekuliert. Bemerkenswert ist, dass der Generalsekretär der Partei längst nicht mehr als Alleinherrscher waltet. Amtsinhaber Nguyen Phu Trong musste im Zentralkomitee manche Abstimmungsniederlage hinnehmen. Erklärt wird das auch mit Reibungen zwischen einer konservativen, »pro-chinesischen« Fraktion, der Trong zugerechnet wird, und einer reformfreudigeren, »pro-westlichen« Gruppierung um Ministerpräsident Nguyen Tan Dung.

Einer ungeschriebenen Regel zufolge sollten Politbüromitglieder nicht älter als 65 Jahre sein und ein Spitzenamt nicht länger als zwei Wahlperioden ausüben. Nguyen Phu Trong hatte die Altersgrenze schon bei seiner Wahl im Jahre 2011 überschritten. Auch deshalb gilt seine Wiederwahl als wenig wahrscheinlich. Dagegen wurde Nguyen Tan Dung zuletzt als Favorit gehandelt. Dung hat sich als Regierungschef in den vergangenen Jahren auch international profiliert, müsste den Posten aber nach zwei Amtsperioden abgeben.

Vergangene Woche verlautete, das Zentralkomitee habe sich über die Besetzung der Spitzenämter - Generalsekretär, Staatspräsident, Ministerpräsident und Vorsitzender der Nationalversammlung - verständigt. Zugleich hieß es, die Vorschlagsliste für Zentralkomitee und Politbüro enthalte einige »Sonderfälle«, was die Regel der Wiederwahl betrifft. »Überraschungen«, wie es in einem Beitrag der englischsprachigen Online-Zeitung »VietNamNet Bridge« hieß, sind nicht ausgeschlossen. Das Volk wünsche vor allem eines: Die Mitglieder der Führung sollten frei von Korruption und Opportunismus sein.

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