De Maizière erteilt Griechenland wieder »Hausaufgaben«
EU-Innenminister beraten über zunehmende Grenzkontrollen / Bundesinnenminister schließt Griechenlands Ausschluss aus Schengen-Raum nicht aus / FRONTEX in Nicht-EU-Staat?
Amsterdam. Bundesinnenminister Thomas de Maizière setzt die Regierung in Griechenland in der Flüchtlingskrise verbal unter Druck: »Wir brauchen einen dauerhaften, spürbaren, nachhaltigen Rückgang der Flüchtlingszahlen, und zwar sichtbar in den nächsten Wochen«, sagte der CDU-Politiker zum Auftakt eines Treffens der EU-Innenminister in Amsterdam am Montag. »Wir werden Einfluss ausüben auf Griechenland, dass Griechenland seine Hausaufgaben macht.«
»Die Zeit läuft uns davon«, sagte de Maizière. Einen möglichen Ausschluss Griechenlands aus dem eigentlich grenzkontrollfreien Schengen-Raum schloss de Maizière nicht aus. Der Minister erinnerte daran, dass spätestens im Mai die Entscheidung über eine mögliche Verlängerung der vorübergehenden deutschen Grenzkontrollen ansteht. Für längerfristige Kontrollen muss festgestellt werden, dass es »dauerhafte« Defizite beim Schutz der EU-Außengrenze gibt. »Dazu würde dann auch eine kritische Betrachtung der Rolle Griechenlands gehören«, sagte de Maizière. »Aber ehrlich gesagt, ich möchte mit all diesen Fragen bis Mai nicht warten.«
Griechenlands Migrationsminister Ioannis Mouzalas verwahrte sich gegen solche Schuldzuweisungen. Die Seegrenze zur Türkei könne nicht abgedichtet werden. »Was wollen Sie, dass wir tun?«, fragte er. »Nach internationalem Recht, nach dem Seerecht, nach der Genfer Konvention, nach europäischem Recht und nach griechischem Recht ist die einzige Handlungsoption, (die Leute) zu retten.« Außerdem erhalte sein Land nicht genug Unterstützung aus Europa, sagte Mouzalas. »Griechenland ist nicht die Tür, sondern der erste Teil des Korridors nach Europa.«
Auch diskutieren die EU-Innenminister inzwischen ein Einsatz der Grenzzschutzagentur Frontex in dem Nicht-EU-Land Mazedonien. Er könnte dazu dienen, Flüchtlinge zu kontrollieren oder auch zu stoppen, die von Griechenland Richtung Nordeuropa weiterreisen wollen. De Maizière sagte dazu: »Wir werden jedenfalls alle Maßnahmen unterstützen, die die Rolle von FRONTEX stärker machen - an welchen Grenzen auch immer.«
Für die LINKE bedeuten die Wiedereinführung von Grenzkontrollen »das Ende der EU«. Parteichef Bernd Riexinger erklärte dazu: »Wenn die Bundesregierung und andere europäische Länder jetzt auf Jahre hinweg ihre Grenzen kontrollieren oder dicht machen dann ist die Europäische Union am Ende.« Eine europäische Lösung bedeutet in seinen Augen »eine faire Verteilung der Geflüchteten - statt mit Milliarden Euro die Außengrenzen militärisch auszurüsten«. Wenn sich jetzt alle EU Länder voneinander in dem Glauben abschotten würden, dies würde weniger Flüchtlinge aufhalten, werde die EU eine humanitäre Tragödie vor den Türen Europas erleben. »Es werden noch mehr Menschen auf dem Balkan erfrieren und im Mittelmeer ertrinken«, so Riexinger. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.