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Fußball und der Rest der schlechten Welt

Der Protest gegen die Widerwärtigkeiten des Fußball-Business endet meist da, wo er generell in der linken Szene endet: Vor der eigenen WG-Tür

So eine Winterpause hat auch ihr Gutes, das steht mal fest. Auch dieses Jahr fanden wieder jede Menge Kongresse statt, bei denen sich alle treffen, die ansonsten in den langen kalten Wochen zwischen dem 17. und dem 18. Spieltag auf ganz komische Gedanken kommen würden. Ich war in Nürnberg, wo sich die »Akademie für Fußballkultur« eine Agenda gegeben hatte, die nicht weniger als das Große und Ganze im Blick hatte: »Fußball und Menschenrechte«. Nicht, dass es um die Menschenrechte im Sport schlechter bestellt wäre als in anderen gesellschaftlichen Bereichen. FIFA-Potentaten vergeben ihre Turniere eben nach denselben Kriterien, die die verministerialbeamteten Vollzugsorgane der deutschen Rüstungsindustrie beim Thema Waffenexport anwenden. Und die großen Sportartikler lassen ihre Klamotten nach den gleichen Kriterien fertigen wie andere Modelabel auch. Erst wenn das Teil 20 Mal so teuer verkauft wird, wie es produziert wurde, herrscht beim Shareholder Zufriedenheit. Wer kann da schon erwarten, dass eine Näherin älter als 35 wird, ihr der Gang zur Toilette erlaubt wird oder die Notausgänge nicht verbarrikadiert werden?

Die Welt ist schlecht und eine Welt, in der die Strategie der Gewinnmaximierung mindestens die Gültigkeit der Schwerkraft für sich reklamiert, ist es erst recht. Da unterscheidet sich der Fußball kein Stück vom Rest der schlechten Welt. Schon gar nicht, was die Anzahl der Menschen mit kritischem Bewusstsein betrifft. Die gibt es im Stadion vielleicht sogar eher häufiger als im Kaufhaus. FIFA, DFB und UEFA werden und wurden auf Transparenten geschmäht, es gibt unzählige NGOs und Initiativen, die sich der Gleichstellung oder dem Kampf gegen Homophobie oder gegen Rassismus verschrieben haben und – ja – im Workshop über die Produktionsbedingungen herrschte auch in Nürnberg einhellige und – natürlich – folgenlose Empörung. Es war also wie immer, wenn sich im 21. Jahrhundert wohlmeinende Menschen zusammenfinden: Der Wille ist da, aber wo es um Wirtschaft geht, wird geseufzt und geächzt .... ehe man sich nach ein paar Sekunden der Kontemplation wieder den Dingen zuwendet, die den Kampf wirklich lohnen: Den Themen Rassismus (in Deutschland) und Antisemitismus (in Deutschland) und der Hausordnung im eigenen Großstadt-Biotop, die mittlerweile mit allerlei Sternchen das diskriminierungsfreie Zusammenleben zwischen (mitteleuropäischen) Frauen, Männern und Transgendern regelt.

Alles sehr wichtig, fraglos. Aber zumindest dann unpolitisch, wenn man den Konzernen ihre Schweinereien durchgehen lässt, sobald sie einen Nachhaltigkeitsbeauftragten mehr einstellen und so einigermaßen achselzuckend hinnimmt, dass Ausbeutung sich nicht nur an falschen Vokabeln festmacht, sondern schlicht und einfach Menschenleben kostet.

Auch im Fußball ist der ein oder andere Fan schon zufrieden, wenn sich Vereinsmanager oder Sponsoren den Anschein geben, als hörten sie der Basis mal zu. Irgendwann im Workshop wurde dann doch noch eine unbequeme Frage an die eigene Adresse aufgeworfen. Die, warum wohl so gut wie alle Ultragruppen ihre selbst gestalteten Shirts vor dem Bedrucken bei den gleichen Ausbeutern bestellen wie die großen Discounter ...

Fragen, die man sich mal stellen sollte. Aber jetzt hat ja die Rückrunde auch schon wieder begonnen.

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