Am Kern vorbei
Tom Strohschneider zur Debatte über mehr »Grenzschutz«
Die Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen in Europa ist zu einem erbärmlichen Schlagabtausch herabgesunken, in dem es allen Ernstes für eine politische Alternative gehalten wird, die Außengrenzen Europas gegen »die Flüchtlinge« aufzurüsten, damit »unsere« Freizügigkeit innerhalb der EU erhalten bleibt.
Wer auch immer einem »wirksamen Schutz« von Grenzen das Wort redet, sollte ehrlich sagen, was das bedeutet: Menschen in Not mit entsprechenden Mitteln auf ihrem Weg zu stoppen, sie auf gefährliche Routen zu zwingen, wie Kriminelle zu einem Gegenstand polizeilicher Verfolgungsmaßnahmen zu machen.
Dies damit zu beschönigen, dass in Schlagbaum und Stempelkissen die staatliche Souveränität ein verteidigenswertes Fundament finde, führt in die Irre. Man könnte argumentieren, es gibt höherrangige Werte - etwa humanitäre, wie den Schutz des Lebens, oder solche der Freiheit, die nur als universelle, ja: globale eine Gültigkeit beanspruchen können. Eine Freiheit, die um ihrer selbst Willen Hunderttausenden die Freiheit bestreitet, kann keine sein.
Dies bloß zu reklamieren, reicht freilich auch nicht. Gerade die Linken sind in der Pflicht, über die Kritik an den »Grenzern« hinauszugehen. Da könnte helfen, die Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen auf den Kern zu führen, um den die Abschottungsfreunde nicht zufällig einen Bogen machen: Unter dem Strich geht es um die Frage, wie gesellschaftlicher Reichtum verteilt wird. Nicht zwischen Migranten und Einheimischen. Sondern zwischen Oben und Unten.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.