Der Spion aus dem Auto
Juristen fordern Regeln für den Einsatz von Dashcams
In Russland sind Dashcams schon lange verbreitet. Als dort Autofahrer im Jahr 2013 mit ihren permanent filmenden Minikameras zufällig einen niedergehenden Meteoriten aufnahmen, gingen die Bilder um die Welt. Auch hierzulande lassen immer mehr Autofahrer eine Armaturenbrett-Kamera laufen. Grund sei wohl die Sorge, sonst nach einem Unfall kein Beweismaterial zu besitzen, meint der ADAC. Doch ob die Aufnahmen vor Gericht zulässig sind, ist nicht geregelt. Der 54. Verkehrsgerichtstag, der am Donnerstag in Goslar eröffnet wird, befasst sich mit dem Thema.
»Eine Dashcam erhöht generell die Erfolgsaussichten einer objektivierten, tatsachengerechten Beweisführung«, sagt Sven-Erik Wecker von der Deutschen Polizeigewerkschaft. »Die Kameras können auch zum Nachweis von Verkehrsstraftaten wie Nötigungen und Gefährdungen dienen, für die bislang ausschließlich die brüchigen Beweismittel der Aussagen der Verkehrsopfer vorliegen.«
Auch für den Gesamtverband der Versicherer (GDV) liegen die Vorteile auf der Hand: »Bei vielen Unfällen lässt sich schneller und einfacher feststellen, wer die Schuld trägt«, sagt GDV-Experte Uwe Cremerius. Das Problem: Derzeit fehle ein verbindlicher datenschutzrechtlicher Rahmen für die Nutzung der Aufnahmen. Wer während der Fahrt permanent Personen und Kennzeichen filmt, verstößt gegen den Datenschutz.
Aus diesem Grund steht der Deutsche Anwaltverein Dashcams skeptisch gegenüber. »Die Geräte können zwar Unfallhergänge aufzeichnen und bieten die Möglichkeit, strittige Sachverhalte besser zu beweisen«, sagt Verkehrsrechtler Andreas Krämer. Durch den Dauereinsatz von Dashcams würden aber auch permanent unbescholtene Bürger ohne deren Wissen und Einverständnis gefilmt, was Persönlichkeitsrechte verletze.
Gerichte vertreten unterschiedliche Auffassungen dazu. Während das Landgericht Heilbronn die permanente Dashcam-Aufnahme untersagte, ließ das Amtsgericht Nienburg »anlassbezogene« Aufnahmen zu. »Das ist doch völlig weltfremd«, meint Constantin Hack vom Autoclub ACE. »Man hat in gefährlichen Situationen anderes zu tun, als nach dem Auslöser einer Kamera zu suchen.«
Auch die Autoclubs fordern deshalb den Gesetzgeber auf, für Klarheit zu sorgen. Dabei müsse einerseits das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der aufgenommenen Personen geschützt werden, sagt ADAC-Jurist Markus Schäpe. Andererseits müssten Unfallbeteiligte die Möglichkeit haben, Aufnahmen vor Gericht verwerten zu lassen.
Als Ausweg schlägt der ACE den Einsatz verschlüsselter Dashcams vor. Dies könne sicherstellen, dass nur Ermittlungsbeamte das Material auswerten können. Damit wäre auch Gaffer-Videos im Internet ein Riegel vorgeschoben.
Damit Unfälle sicher aufgeklärt werden können, plädiert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) für die verbindliche Einführung des Unfalldatenspeichers: »Fahrzeuge sind rollende Computer. Man kann sehr viel aus den Speichergeräten auslesen«, so GdP-Sprecher Jan Velleman. dpa/nd
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