Aufgeputscht

Velten Schäfer über die Terrorangst von Köln

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 1 Min.
Was passiert, wenn jemand im Baumarkt als »aus dem Nahen Osten stammend« taxiert wird, theoretisch bombentaugliche Chemikalien erwirbt? Es fliegt einer auf, der aus den Stoffen mutmaßlich eine Droge fabrizieren wollte.

Was passiert, wenn jemand im Baumarkt als »aus dem Nahen Osten stammend« taxiert wird, wenn derjenige theoretisch bombentaugliche Chemikalien erwirbt, wenn zudem die örtliche Polizei etwas gutzumachen zu haben glaubt hinsichtlich von Männern, die so aussehen - und Wochen später ein Massenereignis ansteht? Es fliegt einer auf, der aus den vielseitigen Stoffen mutmaßlich ein Aufputschmittel fabrizieren wollte.

Das ist das Ergebnis jener Fahndung nach einem »Terrorverdächtigen«, die tagelang die Bahnhofs- und Karnevalsmetropole Köln auf Trab hielt und das halbe Internet beschäftigte. Statt vor einem Anschlag auf den Karneval könnte die Stadt vor einer unbekannten Menge jener Substanz geschützt worden sein, die als »Panzerschokolade« diente, 1954 wohl ein Fußballwunder schuf und bis 1988 als Pervitin erhältlich war: Methamphetamin, als hoch dosiertes »Chrystal« eine Partydroge.

Ende gut, alles gut? Tatsächlich muss der schädliche Suchtstoff eingedämmt werden, doch gibt der Weg zu diesem Beifang zu denken. Die Geschichte zeigt, wie schnell derzeit eins plus eins fünf ergibt in diesem Land; besonders gewisse Medien, die trotz polizeilicher Dementis von einer »möglichen Rosenmontagsabsage« fantasierten, erwiesen sich als aufgeputscht genug. Ganz ohne »Chrystal«, wie man vermuten darf.

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