Werbung

Ver.di: Sozialer Kohle-Ausstieg ist möglich

Gewerkschaft: Staat müsste dabei aber in erheblichem Umfang finanziell helfen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Ein Ausstieg aus der deutschen Braun- und Steinkohleverstromung wäre nach Auffassung der Gewerkschaft ver.di verteilt über Jahrzehnte ohne betriebsbedingte Kündigungen machbar. Der Staat müsste dabei aber in erheblichem Umfang finanziell helfen. »Wir müssen für Abfindungen, Vorruhestandsgelder und Umschulungen eine Menge Geld in die Hand nehmen«, sagte ver.di-Energiefachmann Reinhard Klopfleisch der Deutschen Presse-Agentur.

»Das kann eine Milliarde oder mehr werden, aber es geht«, betonte der Gewerkschafter. Bei den Zechen seien seit den späten 1950er Jahren ungleich mehr Stellen abgebaut worden, ohne dass ein Beschäftigter ins Bergfreie gefallen sei.

»Der Mechatroniker in einem Braunkohlekraftwerk kann auch woanders arbeiten - zum Beispiel auf einem Windkraftwerk.« In der Wartung von Erneuerbaren Anlagen, deren Anzahl weiter wachse, schlummere noch ein erhebliches Arbeitsplatzpotenzial. »Eins zu Eins-Übernahmen werden die Ausnahme bleiben, aber neue Stellen in der Windbranche können einen spürbaren Beitrag leisten«, sagte Klopfleisch. In den nächsten 10 bis 15 Jahren rechne er in dieser Branche mit einer fünfstelligen Zahl neuer Jobs.

Dennoch warnte Klopfleisch vor falschen Vorstellungen. In Gegenden wie der Lausitz werde es sehr schwer, ähnlich gut bezahlte Arbeitsplätze wie im Braunkohletagebau zu schaffen. Der Prozess sei aber zu organisieren, wenn man ihn über eine lange Zeitachse plane.

Aktuell arbeiten laut Gewerkschaft von den etwa 200.000 Beschäftigten der Energiebranche rund 50 .000 in Braun- und Steinkohlekraftwerken sowie weitere insgesamt 10.000 in der Braunkohleförderung in Ost und West. Da angesichts der niedrigen Börsenstrompreise voraussichtlich auf Jahre keine neuen Kohlekraftwerke gebaut würden und ständig Blöcke aus Altersgründen vom Netz gingen, ergebe sich ohnehin eine »natürliche Abbaukurve«. Deren sozialverträgliche Gestaltung sei Sache der Unternehmen ohne staatliche Subventionen.

Für zusätzlich aus Klimaschutzgründen geschlossene Kraftwerke müsse der Staat dagegen mit einspringen, sagte der Verdi-Experte. »80 Prozent weniger CO2 bis 2050 - das geht mit Kohle nicht.« Allerdings müssten auch Einsparungen bei der Wärmeversorgung und beim Verkehr angepackt werden. »Wir brauchen ein Gesamtkonzept.« Klopfleisch begrüßte die Ankündigung von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eines Runden Tisches zum Kohleausstieg. Die Gewerkschaft werde ein Gutachten zu dem Thema in Auftrag geben und sich einbringen.

Die Grünen im Bundestag hatten zu Jahresbeginn einen schnellen Ausstieg aus dem Kohlestrom in 15 bis 20 Jahren gefordert. In einem Konzept der Denkfabrik Agora Energiewende wurde ein gesetzlich geregelter Ausstieg bis 2040 vorgeschlagen. Klopfleisch wollte sich auf einen Termin nicht festlegen. Er solle »kleiner oder gleich 2050« liegen. »Mich interessiert weniger das Enddatum, sondern die sanfte Landung für die Beschäftigten.« dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.