Hotelburgen statt Mangrovensümpfe

Umweltschützer in Mexiko wehren sich gegen die weitere Zerstörung der Natur für den Tourismus

  • Benjamin Beutler
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach der Zerstörung der Mangrovenlagune in Mexikos beliebter Touristenhochburg Cancún gab es heftige Proteste. Aktivisten warnen vor weiteren Hotelprojekten.

In Mexiko ist eine Debatte über Massentourismus und Umweltschutz entbrannt. Nach langem Widerstand von Ökoaktivisten hatten Ende Januar schwere Baumaschinen eine 50 Hektar große Mangrovenfläche bei Cancún befahren und einen Teil der Lagune dem Erdboden gleich gemacht - unter Polizeischutz. »Sie haben 100 Prozent der Vegetation zerstört, Tiere getötet, weder Flora noch Fauna bewahrt«, beschrieb Araceli Domínguez, Vorsitzende der Umweltgruppe von Mayab (Gema) gegenüber der BBC die Folgen der Turbo-Urbanisierung auf der Halbinsel Yucatán.

Die Behörden, die das umstrittene Tourismusprojekt im Nordosten Mexikos genehmigt hatten, sehen die Aktion naturgemäß anders: Der Hotelkomplex »Malecón Tajamar Cancún« werde »große wirtschaftliche, soziale und ökologische Vorteile« für die Region bringen, verteidigte die Regionalregierung im Bundesstaat Quintana Roo das Vorhaben. Über elf Milliarden Pesos (55 Millionen Euro), 5000 direkte und 10 000 indirekte Jobs könnten durch das Ressort mit 5000 Zimmern und Blick auf das Karibische Meer generiert werden, listet die Tageszeitung »El Proceso« Zahlen auf.

Mexikos Zivilgesellschaft hat längst ein starkes Ökobewusstsein. Mit einer Protestaktion vor der Präsidentenresidenz Los Pinos in Mexiko Stadt forderten Umweltaktivisten und das Künstlerkollektiv »Arte Conciente« die Entlassung der Leiter der nationalen Umweltschutzbehörde Semarnat sowie der Behörde für nachhaltigen Tourismus (Fonatur).

Die Umweltschützer stört neben der Zerstörung einer der letzten Mangrovenlagunen in Cancún der Widerspruch zwischen grünem Saubermannimage, das die neokonservative Regierung im Ausland bewirbt und den Realitäten. Habe Präsident Enrique Peña Nieto bei der Weltklimakonferenz in Paris auf großer Bühne den Willen Mexikos nach der Bewahrung der natürlichen Grundlagen bekundet, seien »auf nationaler Ebene Semarnat und Fonatur an einem der schwerwiegendsten und beispielhaftesten ökologischen Verbrechen der aktuellen Geschichte unseres Landes verstrickt«.

Schelte bekommt das Tourismusprojekt auch in sozialen Netzwerken: Auf Twitter forderten erboste User unter Tajamarvive (Tajamar lebt), Mexiko solle die Ausrichtung der 13. Vertragsstaatenkonferenz der internationalen Biodiversitätskonvention entzogen werden, die im Dezember 2016 ausgerechnet in Cancún tagen soll. Sogar der Senat beschäftigt sich mit der Causa Tajamar, und zitierte den Gouverneur von Quintana Roo in die Hauptstadt.

»Es gibt weder Anzeichen für Umweltschäden noch eine ökologische Verantwortung, die Fonatur infolge der Entfernung der Mangroven zuzurechnen ist«, nimmt Guillermo Haro vom nationalen Umweltschutzamt die Kollegen der Tourismusbehörde in Schutz. Von »Ökozid oder Umweltzerstörung« könne keine Rede sein. Auch sei die grüne Fläche kein Schutzgebiet der Ramsar-Konvention zur Bewahrung von Feuchtgebieten. Biologen der Universität Yucatán hätten das Gelände vor der Planierraupenaktion ohne Erfolg auf Tiere und Brutplätze abgesucht.

Katerine Ender vom Bündnis »Bewahrer der Mangroven« will diese Argumente nicht gelten lassen. Es liege ein amtliches Gutachten über Leben im Gebiet vor, »von einem Spezialisten bestätigt, 22 Vogelarten und zwei Krokodilsarten«, berichtet der TV-Sender Televisa. Noch sind von den Mangroven inmitten von Hotelbauten 28 Hektar übrig. Nur zehn Meter trennen den verwüsteten Teil vom unberührten. Mindestens drei Urteile von Distriktgerichten liegen mittlerweile vor, um das weitere Ausbaggern von Tajamar zu verhindern.

Derweil soll es einem anderen Mangrovengebiet an den Kragen gehen, berichtete die Tageszeitung »El Universal«. Im nahe gelegenen Punta Nizuc plane die RIU-Gruppe für den Bau des Hotels »Riviera Cancún« über 15 000 Quadratmeter Feuchtwald abzuholzen. Eine zweite Niederlage will die Umweltbewegung nicht zulassen: »Wir wollen nicht, dass Nizuc ein neues Tajamar wird!«, heißt es.

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