»Aladdin«, der Superwettmeister
Sieben Tage, sieben Nächte
Es gibt diese Menschen, die nur wetten, wenn sie genau wissen, dass sie gewinnen. Ich kenne da so jemand, aus dem Kreise der lieben Kollegen. Für solche Menschen muss die Erfahrung zu verlieren umso einschneidender sein. So erklärt es sich, dass besagter Kollege zwar wiederholt und freimütig, aber nie ohne eine gewisse Fassungslosigkeit in der Stimme berichtet, was ihm vor Jahren widerfahren ist. Er hatte behauptet, dass es in Marius Müller-Westernhagens Lied »Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz« heißt: »Glaubst du an den lieben Gott? / Oder an die Wahrheit? / Ich glaube an die Deutsche Bank / Denn die zahlt aus in bar - aaah«. Wäre ich damals dabei gewesen, ich hätte darauf gewettet, dass der Kollege Recht behält, wie immer. Denn genau das hatte ich auch immer verstanden und natürlich nie überprüft. Tatsächlich aber singt Westernhagen nicht »die Wahrheit«, sondern »Guevara«, was Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, sicherlich völlig klar war.
Nun mag man sich streiten, ob Che Guevara und das, wofür er steht, quasi so etwas ist wie die Wahrheit. Interessanter aber ist die Tatsache, dass die Alternative bröckelt. Während Che Guevara selbst von Yanis Varoufakis nicht vom Thron (und Stickern, Postern und Stoffbeuteln) gestoßen werden wird und seine Lebensleistung ohnehin nicht mehr zu schmälern ist, musste die Deutsche Bank diese Woche nach hohen Verlusten an der Börse besorgte Mitarbeiter, Kunden und Aktionäre über ihre wirtschaftliche Lage beruhigen. Zwar zahlt sie noch Bares aus. Doch zweifellos ist sie längst nicht mehr die Ikone deutscher Finanzwertarbeit wie zu Westernhagens besten Zeiten. Auch der müsste eingestehen, dass Guevara mittlerweile die sicherere Bank ist.
Ein Grund für die nicht mehr so rosigen Aussichten ist, dass die Deutsche Bank zu viele Wetten verloren hat! Zwar ist nicht belegt, dass sie auf »die Wahrheit« gewettet hat. Oder gar darauf, dass der Kollege, der eigentlich nie beim Wetten verliert, Recht behält. Einige andere verlorene Wetten sind jedoch dokumentiert. Höchste Zeit also für das Unternehmen, sich einen Mitarbeiter zu angeln, der nie beim Wetten verliert. Das nämlich ist das Erfolgsrezept von Blackrock, der größten Schattenbank auf der Welt. Der Vermögensverwalter verfügt nicht nur über das meiste Geld auf diesem Planeten, sondern auch über »Aladdin«, und das ist so eine Art Superwettmeister. Genau genommen handelt es sich natürlich um ein fürchterlich kompliziertes Computersystem, das sogar Naturkatastrophen einberechnet und alle anderen Dinge, mit denen man unter Vermögensverwaltern eigentlich nicht rechnen kann. Zum Beispiel dass sich die Wahrheit als Guevara entpuppt. Sowas hat der drauf. Aber unfehlbar ist er auch nicht. Wetten? rst
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.