Weniger Geld für die Betriebsrente
Bundesrat stimmt zu: Gesetzgeber erleichtert Firmen Pensionsrückstellungen / Brisante Änderungen
Wieder einmal stimmte der Bundesrat einem »Omnibusgesetz« zu. Hinter Neuregelungen zu Verbraucherschutz und Immobilienkrediten saß gewissermaßen in der letzten Reihe die Betriebsrente. Wie nach dem Bundestag nun auch die Länderkammer entschied, wird Unternehmen die Bildung von Pensionsrückstellungen erleichtert. Nutznießer sind neben Konzernen wie Bayer, Schaeffler und Software AG vor allem mittelständische Kapitalgesellschaften, die ihren Beschäftigten eine Betriebsrente zahlen. Die Neuregelung bezieht sich auf Direktzusagen von Unternehmen an ihre Mitarbeiter. Es gibt aber noch weitere Durchführungswege bei der betrieblichen Altersvorsorge wie Direktversicherungen, Pensionskassen und -fonds, bei denen externe Finanzunternehmen für die Betriebsrentenauszahlung verantwortlich sind.
Die Änderung ist durchaus brisant: Betriebsrenten gelten dank einer ausgeklügelten Regulierung als sicher. Sie sind insolvenzgeschützt. Im Fall einer Firmenpleite springt der Pensions-Sicherungs-Verein ein und zahlt die Betriebsrenten weiter aus. Diese Selbsthilfeeinrichtung der Wirtschaft sichert die Betriebsrenten von 10,9 Millionen Versorgungsberechtigten aus 94 000 Unternehmen ab.
Doch damit es erst gar nicht soweit kommt, muss die Altersversorgung für Firmen finanzierbar bleiben. Dies wird angesichts der lang andauernden Niedrigzinsphase immer schwieriger. Um ihre Zusagen gegenüber den Beschäftigten einhalten zu können, legen die Unternehmen Kapital an, auf das sie Zinsen kassieren. Da diese Quellen kaum noch sprudeln, müssen Unternehmen höhere Rückstellungen bilden. »Unrealistisch hohe Summen«, wie die Wirtschaft beklagt, welche die Betriebsrenten als wichtige Säule der Altersversorgung »gefährden«.
Bei der Berechnung der notwendigen Rückstellungen wurde bislang der durchschnittliche Marktzins der vergangenen sieben Jahre zugrunde gelegt. Da dieser immer niedriger wurde, stiegen entsprechend die Rückstellungen. Mit der gesetzlichen Neuregelung dürfen die Firmen schon mit dem Abschluss für das Geschäftsjahr 2015 den Marktzins der vergangenen zehn Jahre zugrunde legen. Da bis zum Höhepunkt der Finanzkrise 2008 die Zinssätze rund doppelt so hoch waren als zuletzt, müssen die Firmen nun deutlich weniger Geld für die Betriebsrenten zurücklegen.
Ähnliche Bilanzänderungen - Kritiker sprechen von »Manipulationen« - hatte die Bundesregierung bereits der Versicherungswirtschaft gewährt. Auch dieses Plus an Stabilität geht letztlich auf Kosten der Rendite für die Versicherten. Dabei leiden Versicherungen wie Betriebsrenten noch unter einer an sich erfreulichen Entwicklung, der steigenden Lebenserwartung. Daher werden Betriebsrenten immer länger ausgezahlt. Letztlich dürften durch die Neuregelung künftige Betriebsrenten kleiner ausfallen.
Angesichts der »Dramatik« der Lage tragen die Gewerkschaften die Reform mit. Allerdings verschaffe die Änderung nur eine »Atempause«, warnt Matthias Müller, Leiter der Abteilung Finanzen beim DGB-Bundesvorstand. Bleibe es weiterhin bei der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank, bräuchte man bald ein weiteres Gesetz.
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