Noch keine Trendwende
Katja Herzberg über die gescheiterte Schweizer Volksinitiative zur »Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer«
Gibt es in der Schweiz einfach schon zu viele Ausländer? Dieser ins Positive gekehrte Rückschluss auf das Scheitern der »Durchsetzungsinitiative« der nationalistischen Schweizerischen Volkspartei klingt zu schön, um wahr zu sein. Freilich, viele Eidgenossen haben täglich mit Nicht-Schweizern zu tun, nennen deutsche, italienische oder türkische Arbeitsmigranten Nachbar und Freund. Doch wer glaubt, die Ablehnung der Initiative sei Anzeichen für eine Trendwende hin zu einer migrationsfreundlicheren Politik in der Schweiz, der irrt.
Die hohe Beteiligung bei der Abstimmung zeigt zwar, dass es den SVP-Gegnern gelungen ist, breit und verständlich zu mobilisieren. Die Verschärfung der Zwei-Klassen-Gesellschaft ist offenbar nicht mehrheitsfähig. Vor allem wenn sich eine große Koalition der Vernünftigen - inklusive einiger Leitmedien - zusammenfindet, um den Angriff auf den Rechtsstaat abzuwehren.
Umso schlimmer: Auch nach diesem Nein werden straffällige Ausländerinnen und Ausländer in Zukunft automatisch des Landes verwiesen. Denn jetzt wird die vom Parlament längst beschlossene Umsetzung der »Ausschaffungsinitiative« in Kraft gesetzt. Diese SVP-Initiative haben Volk und Stände bereits im Jahr 2010 angenommen. Die Schweiz bleibt so Taktgeber eines migrations- und flüchtlingsfeindlichen Europas.
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