Unsichere Herkunftsstaaten
Sebastian Bähr über den flexiblen Umgang mit Menschenrechten
Der grüne baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann überlegt noch, ob er die Maghrebstaaten Algerien, Marokko und Tunesien als »sichere Herkunftsländer« für Flüchtlinge bewerten wird. Der Bundesrat soll am 18. März über eine Vorlage von Union und SPD abstimmen. Asylverfahren können mit der Einstufung beschleunigt und Bewerber schneller abgeschoben werden. Politische Verfolgung gebe es in besagten Ländern nicht, heißt es offiziell.
Wie die Regierungsparteien auf diese Einschätzung kommen, bleibt ihr Geheimnis. Von Amnesty International nachgewiesene Folter durch Sicherheitskräfte, ein Verbot von Homosexualität in allen drei Ländern, islamistische Anschläge und intransparente Anti-Terrormaßnahmen - die Liste der Missstände ließe sich fortsetzen. Um die Anzahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge zu verringern, scheinen Regierungsparteien nur allzu bereit zu sein, bei Verstößen gegen die Menschenrechte wegzuschauen. Was folgt, ist ein bürokratischer Akt, der Tausenden Menschen kollektiv unterstellt, nur aus Bequemlichkeit den strapaziösen Weg nach Europa gewählt zu haben.
Es ist ebenso ein Akt, der über Leben und Tod der Flüchtlinge entscheiden kann. Die sonst so gepriesenen europäischen Werte sind eben doch flexibel, wenn es den eigenen Interessen dient.
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