Im Geiste Blatters
Alexander Ludewig über dreiste Entschädigungswünsche der FIFA
Der König ist tot, es lebe sein Königreich. Joseph Blatter ist nicht mehr Präsident des Fußballweltverbandes, seine Herrschaftsform aber ist geblieben. Am Dienstag bekam die US-Justiz Post von der FIFA: Sie fordert 28,2 Millionen Dollar Entschädigung, mindestens. Und zwar von den bislang im Korruptionsskandal 41 angeklagten Fußballfunktionären. Warum? Weil es nach US-Recht möglich ist, als Opfer von Verurteilten eine Entschädigung einzuklagen.
Die FIFA und ihr Präsident als Opfer von Einzeltätern: Auch diese perfide Logik hielt Blatter so lange auf dem Chefsessel. Dort sitzt jetzt Gianni Infantino und führt sie weiter, sogar im Duktus gleich: »Die überführten Angeklagten haben ihre Positionen des Vertrauens missbraucht und haben der FIFA, ihren Mitgliedsverbänden und der Fußballgemeinschaft schweren und dauerhaften Schaden zugefügt.«
Über das System, das Korruption erst ermöglicht und fördert? Kein Wort. Kein Wunder. Trotz aller Reformversprechen ist das Prinzip unverändert. Die zehn wichtigsten Angeklagten in den USA, von denen sich die FIFA auch die größte Entschädigung erhofft, waren alle Mitglieder im mächtigen Exekutivkomitee. Amt und Geschäften gingen sie dort aber als Gesandte ihrer Konföderationen und nicht als Angestellte des Weltverbandes nach - also Einzeltäter. Ihre Opferrolle hat sich die FIFA auch für die Zukunft gesichert. Seit dem Reformkongress heißt das Exekutivkomitee zwar Council, das System aber ist das gleiche.
Also können Vermarktungs- und Fernsehrechte sowie Ticketpakete der Weltmeisterschaften weiter verschachert werden. Auch Stimmenkauf bei Turniervergaben - wie jetzt zugegeben bei der WM 2010 - und Wahlen ist so nach wie vor möglich. Der jüngst unterlegene Präsidentschaftskandidat, Scheich Ahmad Fahad Al-Sabah, behauptet, die Wahl sei abgesprochen gewesen: Der Sieger des ersten Durchgangs habe auch am Ende gewinnen sollen. So kam es, Präsident wurde Gianni Infantino. Wundert es da, wie dreist der Schweizer auftritt? »Die FIFA will das Geld zurück, wir sind entschlossen, es zu bekommen.« Ist gerecht, was rechtens ist? Die Antwort des Juristen Infantino würde wohl nicht überraschen.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!