Land beteiligt sich an Modularbau
Neue Gesellschaft soll zusammen mit »berlinovo« Flüchtlingsunterkünfte errichten
Das Land Berlin beteiligt sich mit der »Berlinovo Immobilien Gesellschaft mbH« (berlinovo) an einer neuen Gesellschaft, die für die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften in modularer Bauweise, den sogenannten MUFs (siehe Kasten), zuständig sein soll. Der Name der neuen Gesellschaft soll »Berliner Gesellschaft zur Errichtung von Flüchtlingsunterkünften« (BEFU) sein. Sitz des Unternehmens wird wohl die Zentrale der berlinovo sein, aus deren Mitarbeitern auch die Geschäftsführung rekrutiert werden soll.
»Als Immobiliendienstleister verfügt die berlinovo über umfassende Projekterfahrung«, erklärte Finanzsenator Mattias Kollatz-Ahnen (SPD) am Dienstag in der Senatspressekonferenz im Roten Rathaus. So nehme das Unternehmen etwa die zentrale Aufgabe wahr, den Bereich des studentischen Wohnens in Berlin zu organisieren. Hinzu komme künftig die Bereitstellung von Flüchtlingsunterkünften. »Die neue Landesgesellschaft gewährleistet, dass die unterschiedlichen Aufgaben parallel und uneingeschränkt umgesetzt werden können«, sagte Kollatz-Ahnen.
- Mit dem Doppelhaushalt 2016/2017 wurde die Errichtung von bis zu 60 Modularbauten als Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) beschlossen.
Davon sollen nach einem Senatsbeschluss in einer ersten Tranche 2016 zunächst 38 Standorte bebaut werden – ob die Bauten mit 19 000 Plätzen bis zum Jahresende fertig werden, ist fraglich.
Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) ging am Dienstag in der Senatspresskonferenz im Roten Rathaus davon aus, dass in diesem Jahr zehn Projekte umgesetzt werden. An anderer Stelle war von 3300 Plätzen bis zum Ende des Jahres die Rede.
- Neben den sogenannten MUFs errichtet der Senat 2016 auf maximal 30 Standorten Containerbauten. Die Bestellungen für die Container sind vorgenommen worden. Sie sollen Ende Mai geliefert werden, so dass die Unterkünfte im Juni in Betrieb gehen könnten. Für den Betrieb der Containerunterkünfte werden bereits Betreiberpools gebildet. mkr
Ganz neu ist das Engagement der einst als reine Abwicklungsgesellschaft konstruierten berlinovo indes nicht. Einige Immobilien aus den früher als »Schrottimmobilien« bewerten Portfolio des Unternehmens wurden bundesweit an Kommunen zur Flüchtlingsunterbringung vermietet. Dass ein Unternehmen, das ursprünglich nur die alten Fonds abwickeln sollte, die einst den Bankenskandal auslösten, jetzt als neue Wohnungsgesellschaft quasi wie Phönix aus der Asche steigt, ist allerdings fragwürdig. Dient die alte Risikoabschirmung des Landes etwa dazu, der berlinovo ein neues Renommee zu verleihen?
»Es darf keine Verbindung alter und neuer Geschäfte geben, solange da noch Risiken dranhängen«, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Steffen Zillich. Formal müssen alte und neue Geschäftsfelder strikt getrennt werden. Wenn man aber wie jetzt der Senat auf die Liquidität der berlinovo zurückgreift, müsste auch die sogenannte Neuordnungsvereinbarung, mit der die neuen Geschäfte geregelt werden, neu gefasst werden, meint Zillich. Der Umgang des Landes Berlin mit seinen Altlasten war in der Vergangenheit auch schon häufiger im Blick des Landesrechnungshofs.
Bei der neuen Gesellschaft kommen zudem auch die europäische Ebene und genehmigte Beihilfen ins Spiel. »Diese neue Gesellschaft ist dafür da, dass die Dienstleistung im Zusammenhang mit der Schaffung neuer Flüchtlingsunterkünfte erbracht werden kann, ohne dass Geld aus diesem Kreislauf rauszuschaffen«, sagt der Finanzsenator. Die »Bad Bank« bleibe die »Bad Bank«. Entscheidend dürfte am Ende sein, wie werthaltig die neuen Unterkünfte tatsächlich sind und ob sie helfen, den Wohnungsmangel zu lösen. Ob bei der langfristigen Nutzung die BEFU eine Rolle spielt, ist unwahrscheinlich. Denn wenn keine neuen Flüchtlinge kommen, soll die Neugründung bald wieder abgewickelt werden.
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