30 000 Unterschriften pro Tegel gesammelt

FDP sieht die Resonanz als »vollen Erfolg« / Industrie- und Handelskammer ablehnend

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit dem Volksbegehren für eine Offenhaltung des Flughafens Tegel haben sich die Liberalen ins Gespräch gebracht. Rechtlich scheint die Sache schwierig.

»Wir werden den Beweis antreten, dass der Flughafen Tegel bleiben kann und muss«, sagt der Berliner FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja mit stolzgeschwellter Brust. 30 000 Unterschriften habe man in vier Monaten für das Volksbegehren »Berlin braucht Tegel« zusammenzubekommen. Das sei ein »voller Erfolg« für die Berliner Liberalen.

Marcel Luthe, Gründer des Vereins »Pro Tegel« und FDP-Direktkandidat in Grunewald, zeigt sich »überwältigt« von dem »enormen Zuspruch«. Jetzt gehe es in die zweite Phase - die Sammlung von 174 000 Unterschriften - »so sie denn notwendig ist«. Denn vielleicht korrigiere der Senat seine »Fehlentscheidung« ja von selber. Bisher ist die FDP als einzige Partei für eine Offenhaltung des aus allen Nähten platzenden Flughafens über die Betriebsaufnahme des BER hinaus.

Gründe für den Weiterbetrieb nennt die Initiative einige. So würde ein »Verkehrskollaps« durch eine »einseitige Belastung des Ostens« vermieden, es sei wichtig, einen Ausweichflughafen für Notfälle zu haben und nicht zuletzt würde er die »Konkurrenzfähigkeit unserer Taxen« erhalten.

Zwingend ist die Schließung von Tegel laut den Initiatoren keineswegs. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sage nicht, warum die Offenhaltung nicht möglich sei, sagt Luthe. Kern seiner Argumentation ist, dass Verwaltungsakte auch wieder zurücknehmbar seien. Auch werde kein neues Planfeststellungsverfahren im Falle eines Weiterbetriebs benötigt. Sie verweisen auf ein Gutachten des Bundestags, das dies belegen soll. Experten wie der Luftverkehrsanwalt Elmar Giemulla sehen jedoch höchstens einen Weiterbetrieb als Militärflughafen als relativ unproblematisch möglich an.

Etwas verhaltener wird bei möglicherweise kostspieligen Schallschutzfragen argumentiert. »Eine Dame hat in einer Siedlung am Kurt-Schumacher-Platz 650 Unterschriften gesammelt, weil sie nicht will, dass nach einer Schließung Tegels die Mieten explodieren«, berichtet Marcel Luthe und scheint sich sehr sozial zu fühlen. »Die berücksichtigen gar nicht, wie viele Menschen vom Lärm betroffen sind«, sagt Helmut Möller von der Bürgerinitiative »Tegel endlich schließen« erbost. »Das ist alles auf dem Mist der FDP gewachsen, die sich damit ins Gespräch bringen will«, so sein Fazit.

»Wir sind nicht die Flughafenpartei, aber dieses eine Thema macht deutlich, wie der Senat Chancen verspielt«, tritt Sebastian Czaja solchen Überlegungen entgegen. »Sie wären erstaunt, welche CDU-Mitglieder und -Abgeordneten unterschrieben haben«, sagt er und fügt verschwörerisch hinzu, dass auch in der SPD viele »hinter vorgehaltener Hand« für den Weiterbetrieb Tegels seien.

Schützenhilfe bekommt die Initiative von unerwarteter Seite. Günter Treudt, Flugverkehrsexperte des Umweltverbandes BUND, begrüßt das Volksbegehren. »Es ist gut, wenn durch die Diskussion über Tegel Druck auf dem Kessel bleibt«, sagt er. Er möchte vor allem die Klimawirkung des Luftverkehrs thematisieren.

»Ein Weiterbetrieb von Tegel ist zu kurz gedacht«, sagt Alexander Dennebaum, Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK). Rechtlich sei der Weiterbetrieb durchaus fragwürdig, die geplante Weiterentwicklung des Tegeler Geländes zu einem modernen Industriestandort sei im Interesse der Kammer. Die Stadtentwicklungsverwaltung hat sich bis Redaktionsschluss nicht geäußert.

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