Weniger Flüchtlinge in Griechenland angekommen

Abschiebungen noch immer ausgesetzt / Flüchtlinge weigern sich, Lager zu verlassen / Griechische Regierung will Camps in Idomeni und Piräus bis zum Wochenende räumen

  • Lesedauer: 3 Min.

Athen. Zwei Tage nach der Abschiebung von 202 Flüchtlingen von den griechischen Inseln in die Türkei blieb es am Mittwoch in den Häfen der beiden wichtigsten Inseln im Osten der Ägäis ruhig. Parallel ging die Zahl der Schutzsuchenden, die aus der Türkei ankamen, deutlich zurück. Die Abschiebungen wurden zunächst ausgesetzt. Sie sollen frühestens am Freitag wieder starten. Griechische Beamte warnten vor einer Eskalation in den Elendslagern von Idomeni und Piräus.

»Wir haben heute keine Transporte von Migranten aus den Aufnahmelagern zum Hafen gesehen«, berichtete eine Reporterin des Staatsradios aus der Insel Lesbos am Mittwoch. Aus gut informierten Kreisen der Küstenwache hieß es, die nächsten Rückführungen sollten möglicherweise erst am Freitag stattfinden. Es gebe nur noch wenige Flüchtlinge, die keinen Asylantrag in Griechenland gestellt hätten. Es sei einige Zeit nötig, bis die Asylanträge der anderen Geflüchteten bearbeitet sind, meinte ein Offizier der Küstenwache.

In den Meerengen zwischen der türkischen Ägäisküste und den griechischen Inseln entspannte sich die Lage: Innerhalb von 24 Stunden hätten nur noch 68 Menschen übergesetzt, teilte der Stab für die Flüchtlingskrise in Athen mit. Am Vortag waren 225 neue Asylsuchende vom türkischen Festland auf griechischen Ägäis-Inseln übergesetzt.

»Ob das so weitergehen wird, kann ich nicht schätzen«, sagte ein Offizier der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur. Nach Angaben des Stabes für die Flüchtlingskrise befinden sich auf den Inseln der Ostägäis knapp 6400 Flüchtlinge. Es fehle weiterhin an Asylentscheidern, hieß es seitens der Lokalbehörden.

Dramatisch blieb die Lage in zwei Elendslagern von Idomeni an der mazedonisch-griechischen Grenze sowie im Hafen von Piräus. Die Mehrheit der rund 16.000 Flüchtlinge, die in diesen beiden provisorischen Lagern in Kuppelzelten und Lagerhallen ausharren, will nicht abreisen, obwohl Tausende Unterkünfte in Lagern im Landesinneren bereitstehen. »Wenn diese Lager nicht bald aufgelöst werden, könnten wir schlimme Szenen erleben«, sagte Dimitris Saitakis, Präsident des Verbandes der Offiziere der Küstenwache, im Fernsehen.

Unbekannte Aktivisten haben nach Angaben des Offiziers Dolmetscher und Beamte bedroht, als diese in den vergangenen Tagen versuchten, die Menschen zu überreden das Elendslager am Kai von Piräus zu verlassen. Reporter vor Ort berichteten, neben den humanitären Organisationen seien autonome Gruppierungen in Piräus und Idomeni aktiv.

Die griechische Regierung will bis zum Wochenende die beiden großen provisorischen Flüchtlingslager im Hafen Piräus sowie bei Idomeni an der Grenze zu Mazedonien räumen. Die Migranten würden in arabischer Sprache aufgefordert, mit bereitgestellten Bussen in die offiziellen Auffanglager zu fahren, meldete das Staatsfernsehen (ERT).

Auf der Insel Lesbos erwarten die Einwohner einen Besuch des Papstes Franziskus und des orthodoxen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel (Istanbul) am 14. oder 15. April. Der Besuch ist offiziell noch nicht bestätigt. Nach Informationen aus Kreisen des Patriarchats von Konstantinopel wollen die beiden Kirchenoberhäupter gemeinsam für die in der Ägäis ums Leben gekommenen Menschen beten und mit Flüchtlingen zusammenkommen. Agenturen/nd

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