Sachsen: Nazis dominieren Proteste gegen Flüchtlinge

Anfrage der LINKEN ergibt: Rassistische Aufmärsche werden immer gewalttätiger / Herford: Feuer in Asylunterkunft gelegt / Empelde: Schüsse auf Unterkunft kurz vor Einzug erster Bewohner

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die flüchtlingsfeindlichen Proteste werden nach Einschätzung der LINKEN in Sachsen immer radikaler. So sei die Zahl rechtsmotivierter Straftaten bei Demonstrationen im vergangenen Jahr auf 123 erfasste Fälle gestiegen, 2014 waren es nur fünf, berichtete die Linksfraktion. Sie hatte eine Große Anfrage im Parlament ausgewertet. Neben Verstößen gegen das Versammlungsgesetz (32 Verfahren) kämen am häufigsten Körperverletzungen (27 Fälle) vor. Das seien Anzeichen einer »Radikalisierung und einer anhaltenden Eskalationsdynamik«, erklärte die Abgeordnete Kerstin Köditz.

Köditz zufolge dominieren Neonazis die rassistischen Proteste. Der sächsische Verfassungsschutz-Präsident Gordian Meyer-Plath hatte unlängst bei der Bewertung rechtsradikaler Aktivitäten mit Asylbezug von einer Dreiteilung gesprochen: »Asylkritischer Protest, wo auch Rechtsextremisten durchaus mitmarschieren, relevant und erkennbar beeinflusster Protest oder eben klare Anmeldungen durch Parteien wie der NPD, Die Rechte oder Der III. Weg, wo Rechtsextremisten alles bestimmen.«

Die sächsische Regierung zählte in ihrer Antwort auf die Große Anfrage 595 Demonstrationen gegen die Asylpolitik im Jahr 2015. In die Zählung gingen Pegida-Märsche in Dresden, Leipzig und Chemnitz ein (110). Hinzu kommen nach Darstellung der LINKEN klar rechtsradikale Veranstaltungen (210) und Versammlungen diverser Bürgerinitiativen vor Flüchtlingsunterkünften (275). »Die Gesamtzahl hat sich gegenüber dem Jahr 2014 mehr als verdoppelt, damals waren es rund 260 gewesen«, hieß es.

Köditz zufolge markieren die offiziellen Zahlen der Regierung lediglich eine Untergrenze. Das Dunkelfeld sei groß. Die Abgeordnete geht davon aus, dass die Polizei gar nicht mehr alle Veranstaltungen begleiten kann. »Manche Versammlungen erhalten keine Auflagen, werden nicht begleitet und auch dann «toleriert», wenn auf eine Anmeldung gleich ganz verzichtet wurde.«

Die meisten Demonstrationen gab es mit jeweils mehr als 90 in Dresden und im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Dahinter rangieren Bautzen (85) und Mittelsachsen (66). Vergleichsweise ruhig war es dagegen im Raum Görlitz, Nordsachsen und Zwickau.

In Herford (Nordrhein-Westfahlen) ist in der Nacht zum Donnerstag in einem Asylbewerberheim ein Feuer ausgebrochen, berichtet das Westfalen-Blatt. Nach ersten Ermittlungen gehen die Mordkommission und der Staatsschutz aus Bielefeld nach Informationen der Zeitung davon aus, dass der Brand im Keller des Hauses absichtlich gelegt wurde. Zwei Bewohner wurden durch Rauch verletzt. Wie das Blatt weiter berichtet, sollen die Bewohner ersten Informationen nach nicht für das Feuer verantwortlich ein.

In Empelde (Niedersachsen) haben Unbekannte auf eine derzeit leerstehende Flüchtlingsunterkunft geschossen. Ein Mitarbeiter der Stadt Ronnenburg hatte am Mittwoch die Polizei verständigt, nachdem er die Einschusslöcher entdeckt hatte. Die Tat ist wahrscheinlich nicht zufällig: Für den heutigen Donnerstag war der Bezug durch die ersten Asylsuchenden geplant. Bei den Ermittlungen durch die Kriminalpolizei stellten die Beamten leere Patronenhülsen fest, die sich einer scharfen Schusswaffe zuordnen lassen. Agenturen/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.