Halle: Nazis überfallen linke WG
Schlafende Bewohner werden krankenhausreif geschlagen / Chemnitz: Sicherheitsleute zwingen Tunesier, sich auszuziehen / Lampertheim: Alkoholisierte überfallen Flüchtlingsunterkunft
In Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt) haben am Wochenende offenbar Neonazis eine WG von linken Aktivisten gestürmt und die 20, 24 und 26 Jahre alten Bewohner krankenhausreif geschlagen. Die zehn Täter traten nach Polizeiangaben gegen 0.50 Uhr die Tür zu der Wohnung ein und schlugen minutenlang auf die noch schlafenden Männer ein. Anschließend verwüsteten sie die Wohnung und flüchteten unerkannt. Einer der Aktivisten musste ambulant behandelt werden, ein anderer wurde kurzzeitig ins Krankenhaus gebracht. Alle drei erlitten Verletzungen am ganzen Körper.
Die Polizei sprach von einem massiven Angriff. Die Linke Landtagsabgeordneten Henriette Quade zeigte sich schockiert von der Tat und sagte gegenüber der »Mitteldeutschen Zeitung«, das sei eine neue Dimension rechtsextremer Gewalt in Halle. Eine solche Form von zielgerichteten Angriffen habe es bisher in der Stadt noch nicht gegeben.
Ebenfalls in Halle (Sachsen-Anhalt) ist ein kleines Mädchen aus Syrien mit einer Bierflasche angegriffen worden, wie der Mitteldeutsche Rundfunk berichtet. Das Mädchen hatte am Freitagabend auf dem Hof einer Schule gespielt, als ein Mann auf einem Motorroller nahte und mit einer Bierflasche nach dem Kind schlug. Die Kleine musste ärztliche versorgt werden. Eine Fahndung nach dem Täter blieb bislang erfolglos.
In Wittenberg (Sachsen-Anhalt) sind in der vergangenen Woche fünf Männer, offenbar aus fremdenfeindlichen Motiven, in die Wohnung eines 23-jährigen Eritreers eingedrungen. Der Polizei zufolge, hätten die Männer im Alter von 19 bis 51 Jahren zunächst an der Haustür geklingelt und den Mann zusammengeschlagen, nach dem dieser die Tür öffnete. Der 23-Jährige konnte daraufhin aus der Wohnung entkommen und musste in einem Rettungswagen untersucht werden. Eine unmittelbar eingeleitete Fahndung konnte die Tatverdächtigen in der näheren Umgebung feststellen. Sie sollen aus Lutherstadt Wittenberg, Kemberg und Querfurt stammen. Gegen sie ermittelt der Polizeiliche Staatsschutz.
Sechs Personen haben in der Nacht zu Sonntag eine Flüchtlingsunterkunft in Marzahn-Hellersdorf (Berlin) angegriffen. Einer Pressemitteilung der Polizei zufolge schleuderte die Gruppe gegen 2 Uhr einen Pflasterstein in Richtung der Unterkunftam Glambecker Ring. Dieser durchschlug die Fensterscheibe eines Zimmers, in dem sich zu dem Zeitpunkt vier Menschen aufhielten. Darüber hinaus pöbelten die Unbekannten lauthals gegen die Bewohner der Einrichtung, woraufhin diese die Polizei verständigten. Der Polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.
Im hessischen Lampertheim haben vier möglicherweise alkoholisierte Unbekannte nachts eine Flüchtlingsunterkunft überfallen und die Bewohner terrorisiert. Die drei Männer und eine Frau traten in der Nacht zu Sonntag das Eingangstor auf und randalierten im Hof. Über eine Balkontür verschafften sie sich zutritt zur Gemeinschaftsküche der Unterkunft und zerstörten die Einrichtung. Ein 20-jähriger Bewohner wurde von den Eindringlingen mit einem Messer bedroht und verletzt. Die Angreifer flüchteten unerkannt, nachdem andere Bewohner dem Angegriffenen zu Hilfe eilten. Laut Polizeiangaben soll einer der Täter eine Vollglatze gehabt haben.
Sicherheitsleute eines Geschäfts in der Chemnitzer Innenstadt (Sachsen) haben einen Tunesier gezwungen sich bis auf die Unterwäsche auszuziehen, möglicherweise aus fremdenfeindlichen Motiven, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Nach Angaben des Gedemütigten, sei er von den »Ladendetektiven« zuvor des Diebstahls bezichtigt worden, worauf hin er sich seiner Kleidung entledigen sollte, um seine Unschuld zu beweisen. Als sie nicht fündig wurden, weigerte sich der 29-Jährige zu gehen und forderte eine Entschuldigung, woraufhin die vermeintlichen Sicherheitsleute mit Schlägen antworteten.
Rechte Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern hat sich verdreifacht, teilte Innenminister Lorenz Caffier (CDU) am Montag in Schwerinmit. Insgesamt registrierte die Polizei im vergangenen Jahr 1.259 Delikte, das seien 25 Prozent mehr, als im Vorjahr. Rechte Straf- und Gewalttaten hätten laut Statistik besonders deutlich zugenommen. So hätten mehr als 1.000 aller Delikte Rechtsextreme und deren Sympathisanten zu verantworten. Auch die Zahl der ausländerfeindlichen Straftaten stieg von 62 auf 313 Fälle an, sowie Anschläge auf Flüchtlingsheime. Agenturen/nd
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