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»Reaktionär«, »wirr«, »spalterisch«: Viel Kritik an AfD

Linkenchefin Kipping: Wirtschaftspolitisch ein Programm für das oberste ein Prozent - zusammengeklebt mit Hetze / Zentralrat der Juden: Rechtsaußen verlässt Boden des Grundgesetzes / Politologe: »Ein völkischer Kampfverband«

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Nach dem Parteitag der AfD, bei dem sich die Rechtsaußen programmatisch auf Islamfeindlichkeit, deutschnationalen Kurs und völkische-rassistische Politik festgelegt hat, wird breit Kritik laut. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte das Grundsatzprogramm »reaktionär« und die Haltung der Partei zum Islam »irrsinnig«. Die AfD habe »sich ein tief reaktionäres Programm gegeben und betreibt mit Rassismus und Islamfeindlichkeit eine Spaltung unserer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft«, sagte die Grünen-Politikerin der »Rheinischen Post«. Wer sagte, »Menschen islamischen Glaubens leben bei uns, aber der Islam gehöre nicht zu Deutschland, ist irrsinnig.« Göring-Eckardt versprach, »einer solch reaktionären Politik der AfD werden wir uns offensiv entgegenstellen - und letztlich die Hilflosigkeit ihrer Vorschläge entlarven.«

Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping sagte, die AfD habe unterstrichen, »dass sie die Partei der sozialen Arroganz und des christlichen Fundamentalismus ist. Steuerpolitik: Millionen-Erbschaften sollen nicht mehr besteuert werden; sozialer Wohnungsbau: Fehlanzeige; Gesundheitspolitik: spielt keine Rolle. Statt dessen wird ein Familienbild aus dem 19. Jahrhunderts gepredigt: Frauen am Herd sollen sich um die sozialen Folgen ihrer Wirtschaftspolitik für Reiche kümmern«. Dies sei »nur ein Programm für das oberste ein Prozent«, deshalb werde es »mit Hetze gegen Muslime zusammen geklebt«. Der Programmtext lasse sich in »vier Worten zusammenfassen: Konservativ, reaktionär, nationalistisch, rechtspopulistisch«.

SPD-Vize Ralf Stegner bezeichnete die AfD als »zerstrittene und wirre Rechtsaußen-Partei«. »Ihr Prinzip ist es, Sündenböcke zu benennen, aber keine Lösungen anzubieten.« CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt warf der AfD plumpen Populismus vor. Die Partei sei gegen den Islam, den Euro, die EU, bleibe konstruktive Vorschläge aber weitgehend schuldig, sagte sie der »Welt«. Politiker von Union und SPD schlossen erneut jede Zusammenarbeit mit der rechtskonservativen Partei aus.

Der Zentralrat der Muslime warf der AfD vor, ihr Parteiprogramm sei durchzogen von Demagogie und Populismus. »Ein solch islamfeindliches Programm hilft kein Deut, Probleme zu lösen, sondern spaltet nur unser Land«, sagte Zentralratsvorsitzender Aiman Mazyek der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Ein Minarett-Verbot löse weder soziale Ungerechtigkeiten noch Rentenprobleme. Das Programm sei durchzogen von »Demagogie und Populismus«. Der Zentralrat der Juden warf der AfD vor, mit ihrem Grundsatzprogramm den Boden des Grundgesetzes zu verlassen. »Die programmatischen Beschlüsse der AfD vom Wochenende haben die religionsfeindliche Haltung dieser Partei glasklar deutlich gemacht«, erklärte der Präsident des Zentralrates, Josef Schuster.

Vor allem die gegen den Islam gerichteten Programm-Passagen zeigten die Intoleranz und Respektlosigkeit der Partei vor religiösen Minderheiten in Deutschland. Dies drücke sich auch in der Ablehnung des Schächtens aus. »Die Beschlüsse der AfD stellen daher auch einen Angriff auf das Judentum in Deutschland dar, den wir nicht hinnehmen dürfen«, unterstrich Schuster. »Die Ausführungen im Parteiprogramm sind der durchsichtige Versuch, unsere Gesellschaft zu spalten und das friedliche Miteinander zu hintertreiben.«

Die türkisch-islamische Organisation Ditib wiederum sieht in dem islamkritischen Grundsatzprogramm der AfD) einen Verstoß gegen die Verfassung. Die Entscheidung der rechtskonservativen Partei, die Muslime aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit auszugrenzen, sei ein »Angriff auf das Grundgesetz«, sagte der Koordinator der Ditib-Landesverbände, Murat Kayman, am Montag in Köln. Die AfD wolle diese freiheitlich-demokratische Werteordnung »quasi abschaffen«.

In Deutschland gelte das Prinzip der Religionsfreiheit, niemand dürfe aufgrund seines Glaubens benachteiligt werden, sagte Kayman. Zudem sei es nicht statthaft, dass die AfD den Muslimen vorschreibe, wie sie ihre Gotteshäuser zu bauen oder den Gottesdienst zu gestalten hätten. Alle demokratischen Bürger seien nun aufgerufen, gegen diese Entwicklung »die Stimme zu erheben«, forderte Kayman.

Der Parteienforscher Karl-Rudolf Korte attestierte der AfD, sie wolle ein anderes Deutschland, das nationalbewusster und klar konservativer sei. »Im Westen wirkt sie mehr nationalkonservativ, im Osten dagegen teilweise fremdenfeindlich, als völkischer Kampfverband«, sagte der Politologe der »Passauer Neuen Presse«. Agenturen/nd

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