Nach #TTIPLeak fordert SPD-Linke Abbruch der Verhandlungen

Sprecher des linken Flügels, Matthias Miersch: »Unter solchen Bedingungen macht es keinen Sinn, weiter zu verhandeln.« / 90 Abgeordnete legen sich auf Nein zu Abkommen fest / Merkel will Verhandlungen »zügig« abschließen

  • Lesedauer: 3 Min.
Während die Bundesregierung und die EU-Kommission versichern wollen, dass TTIP keine Verschlechterungen beim Umwelt- und Verbraucherschutz bedeuten, sieht die SPD-Linke keine Grundlage mehr für weitere Verhandlungen.

Berlin. Die SPD-Linken im Bundestag fordern nach den jüngsten TTIP-Enthüllungen den Abbruch der Verhandlungen zwischen EU und USA. Der Sprecher des linken Flügels, Matthias Miersch, erklärte, die neuen Enthüllungen bestätigten das tief sitzende Misstrauen gegenüber der amerikanischen Position. »Ich sehe in dieser Situation keine Grundlage mehr, um neues Vertrauen aufzubauen. Unter solchen Bedingungen macht es keinen Sinn, weiter zu verhandeln«, sagte Miersch am Montag der dpa.

Mit der aktuellen Festlegung der mit fast 90 Abgeordneten größten Gruppe in der SPD-Bundestagsfraktion auf ein Nein zu TTIP dürfte es für Parteichef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel noch schwieriger werden, die geplanten Handelsabkommen mit Nordamerika in den eigenen Reihen durchzusetzen.

Die SPD hatte auf ihrem Dezember-Parteitag rote Verhandlungslinien bekräftigt, ohne deren Einhaltung die Partei die EU-Abkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta) nicht mittragen will.

SPD-Generalsekretärin: wird TTIP ohne Bewegung bei USA scheitern lassen

SPD-Generalsekretärin Katarina Barley hat klargestellt, dass ihre Partei das umstrittene transatlantische Freihandelsabkommen TTIP ablehnen wird, wenn sich die USA nicht in zentralen Streitfragen bewegen. »Wenn die Position der USA bleiben sollte, dann wird an der SPD jedenfalls dieses Abkommen scheitern«, sagte Barley am Montag in Berlin. Sie machte auch deutlich, dass es Geheimverhandlungen wie bei TTIP künftig so nicht mehr geben werde.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte am Montagvormittag geheime Verhandlungstexte aus den Gesprächen zwischen EU und USA über das geplante Freihandelsabkommen TTIP veröffentlicht. Demnach üben die USA in den Verhandlungen starken Druck aus und wollen das grundlegende Vorsorgeprinzip beim EU-Verbraucherschutz kippen.

Die Veröffentlichungen hätten gezeigt, »was allerdings auch vorher schon klar war«, dass »die Verhandlungspositionen der Europäischen Union und der USA meilenweit auseinanderliegen«, sagte dazu Barley. Sie sehe im Augenblick keine Bewegung und was die weiteren Verhandlungen angehe, sei sie »nach meiner persönlichen Einschätzung inzwischen relativ skeptisch«. Allerdings müssten natürlich die weiteren Gespräche abgewartet werden.

»Für uns ist klar: Die in Europa bewährten Standards im Bereich Verbraucherschutz, Umweltschutz, Arbeitnehmerschutz werden nicht aufgeweicht im Rahmen der Verhandlungen«, sagte Barley weiter. »Private Schiedsgerichte wird es mit uns nicht geben und das in Europa geltende Vorsorgeprinzip bleibt unangetastet«.

EU-Kommission: Umwelt- und Verbraucherschutz wird nicht ausgehöhlt

Unterdessen weist die EU-Kommission Vorwürfe zurück, durchTTIP könnten der Umwelt- und Verbraucherschutz ausgehöhlt werden. Das Schutzniveau für Verbraucher, Lebensmittelsicherheit oder Umwelt werde durch ein neues EU-Handelsabkommen nicht sinken, versicherte die verantwortliche Kommissarin Cecilia Malmström am Montag in Brüssel.

Laut Malmström spiegeln »zusammengeführte Texte« in der Handelspolitik die verschiedenen Verhandlungspositionen wider. »Und es sollte keine Überraschung sein, dass es Bereiche gibt, in denen die EU und die USA unterschiedliche Standpunkte haben.«

Die Zusammenstellung bedeute nicht, dass die andere Seite den Forderungen des Verhandlungspartners nachgebe. Viele »alarmistische Schlagzeilen« zu den Greenpeace-Veröffentlichungen seien deshalb überzogen, sagte die liberale Politikerin aus Schweden.

Damit liegt sie auf der Linie der Bundesregierung, die ebenfalls schnell auf die Enthüllungen reagierte. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, die Regierung wolle an EU-Standards im Verbraucherschutz festhalten.. »Verhandlungspositionen sind keine Ergebnisse«, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) pocht auch nach den neuesten Enthüllungen unverändert auf einen raschen Erfolg der Verhandlungen zwischen EU und USA. »Wir halten den zügigen Abschluss eines ehrgeizigen Abkommens für sehr wichtig«, sagte Seibert. Dies sei »einhellige Meinung« der gesamten Regierung. Die Kanzlerin habe ihre Position bereits beim jüngsten Besuch von US-Präsident Barack Obama bei der Hannover Messe deutlich gemacht. Agenturen/nd

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