Die Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates haben sich im Grundsatz über das Mandat der Vereinten Nationen für die Afghanistan-Schutztruppe geeinigt. Unterdessen geriet Rudolf Scharping (SPD) wegen unbedachter Äußerungen erneut in die Schusslinie.
New York/Islamabad (Agenturen/ND). Eine Resolution zum Einsatz der UNO-Schutztruppe in Afghanistan soll bis spätestens Freitag in New York zur Abstimmung vorgelegt werden, teilten UNO-Diplomaten am Donnerstag in New York mit. Der formelle Beschluss des Mandats werde auf jeden Fall vorliegen, ehe die afghanische Übergangsregierung an diesem Sonnabend in Kabul ihre Arbeit aufnimmt.
Die bis zu 5000 Mann starke Truppe, die offiziell »Internationale Sicherheitsunterstützungs-Truppe« (ISAF) heißen soll, wird das Recht zur Anwendung von Waffengewalt haben. Damit erklärte sich die provisorische Regierung Afghanistans in einem Schreiben an die UNO einverstanden. Die Truppe wird zunächst nur in der Hauptstadt Kabul und der näheren Umgebung mit der Aufgabe eingesetzt, die Übergangsregierung zu schützen und sie bei der Gewährleistung der Sicherheit in dieser Region zu unterstützen. Dagegen berichtete der britische Sender BBC am Donnerstag aus Kabul, es gebe darüber noch keine Einigung mit der neuen afghanischen Übergangsregierung. Die Aufgaben der Schutztruppe seien noch unklar.
Über die Grundzüge der Resolution war in New York in der Nacht zum Donnerstag Übereinstimmung erzielt worden. Damit wird das Kommando Großbritanniens über die Schutztruppe für die ersten drei Monate ebenso bestätigt wie deren Trennung von der Befehlsgewalt über den als »Operation Enduring Freedom« bekannten Anti-Terror-Einsatz unter Führung der USA. Darauf hatte Deutschland bestanden, das bis zu 1500 Bundeswehr-Soldaten nach Afghanistan schicken will. Berlin konnte sich allerdings nicht uneingeschränkt durchsetzen. Vorrang vor den Aktivitäten der Schutztruppe wird im Zweifelsfall automatisch der Anti-Terror-Krieg haben.
Die Bundesregierung hat unterdessen Rücktrittsforderungen an Verteidigungsminister Scharping zurückgewiesen. Diese seien unbegründet, sagte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye am Donnerstag in Berlin. Hintergrund sind Informationen, die am Rande eines Treffens der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel verbreitet wurden. Danach soll der von den USA geführte internationale Kampf auf Somalia ausgeweitet werden. Die Frage sei nicht mehr, ob dort eingegriffen werde, sondern nur noch wann und mit welchen Mitteln, hieß es. Die »Financial Times Deutschland« berichtete am Donnerstag, Scharping habe diese Äußerungen bei einem Hintergrundgespräch für Journalisten in Brüssel gemacht und sie zur Veröffentlichung mit der Quellenangabe »deutsche Regierungskreise« freigegeben. USA-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte in Washington, die Äußerungen eines deutschen Amtsträgers zu einer angeblich bereits gefallenen Entscheidung über einen Somalia-Einsatz seien »Unsinn«. »Der Deutsche lag falsch, wohl unabsichtlich, und es wird ihm wohl inzwischen leid tun«, sagte Rumsfeld.
Enttäuscht über die bisher vergebliche Suche nach dem Terroristenanführer Osama bin Laden, will die US-Armee nach Informationen der »New York Times« mehr Soldaten in das ostafghanische Berggebiet von Tora Bora schicken. Das habe der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte im Afghanistan-Krieg, Tommy Franks, dem Pentagon in einem vertraulichen Papier vorgeschlagen, weil die afghanischen Verbündeten nicht willens oder nicht in der Lage seien, die vollständige Kontrolle über die Region zu übernehmen, in denen die letzten Al-Qaida-Kämpfer vermutet werden.
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