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Griechenland: Parlament stimmt Spardiktat zu

FDP fordert Grexit und Schuldenschnitt / DIW-Chef Fratzscher gegen weitere Schuldenerleichterungen / Euro-Finanzminister Treffen sich in Brüssel

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Das griechische Parlament hat einem Paket mit umstrittenen Auflagen der Gläubiger zugestimmt. Für die Kürzung der höchsten Rentenbezüge, die Zusammenlegung der zahlreichen Versicherungen, die Anhebung der Rentenbeiträge sowie die Erhöhung der Steuern auf mittlere und hohe Einkommen stimmten die 153 Abgeordneten der Regierungskoalition aus linker SYRIZA und nationalistischer ANEL. Alle Oppositionsparteien, die insgesamt 147 Abgeordnete stellen, votierten dagegen.

«Morgen ist ein sehr wichtiger Tag», sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras kurz vor Beginn der Abstimmung. Nach sechs Jahren Krise komme die Eurogruppe zusammen, um über Schuldenerleichterungen zu beraten. Der Chef der Nea Dimokratia, Kyriakos Mitsotakis, machte dagegen die «Unfähigkeit» der Regierung für die Verzögerungenen bei den Verhandlungen mit den internationalen Kreditgebern verantwortlich. Er forderte einen Rücktritt der Regierung und vorgezogene Neuwahlen. Das Kürzungspaket hat ein Volumen von insgesamt 5,4 Milliarden Euro. In den kommenden Wochen soll das Parlament auch über Erhöhungen der indirekten Steuern in Höhe von 1,8 Milliarden Euro entscheiden. Insgesamt demonstrierten am Sonntag in Athen und Thessaloniki rund 26.000 Menschen gegen die Maßnahmen.

Am Montag sollen nun in Brüssel die Vertreter der Gläubiger darüber entscheiden, ob sie grünes Licht für weitere Auszahlungen aus dem Kreditprogramm an Griechenland geben. Auf der Tagesordnung der Eurogruppe stehen auch Gespräche über Schuldenerleichterungen für Griechenland. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stemmt sich aber dagegen, der Internationale Währungsfonds macht seine Beteiligung an dem Kreditprogramm aber davon abhängig.

Unterdessen sind bereits wieder Rufe nach einem Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro zu vernehmen. FDP-Chef Christian Lindner forderte einen Euro-Austritt des Landes und einen Schuldenschnitt. «Griechenland braucht einen finanzpolitischen Neustart ohne Euro. Dann aber mit einem Schuldenschnitt und mit zweckgebundenen EU-Hilfen», sagte er der «Bild». Die «neuerliche Hängepartie» um Griechenland mache deutlich, «dass die Warnungen des Internationalen Währungsfonds endlich ernst genommen werden müssen». Die Bundesregierung habe einerseits alle Mahnungen des IWF in den Wind geschlagen, andererseits aber dessen Beteiligung an einem dritten Kreditpaket zur Bedingung gemacht. «Bereits vor einem Jahr war absehbar, dass die Krisenstrategie in Griechenland nicht greifen wird», so der FDP-Chef.

Dagegen hält der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, aktuell nichts von weiteren Schuldenerleichterungen für Griechenland. «»Griechenland hat schon jetzt erhebliche Schuldenerleichterungen«, sagte er der »Saarbrücker Zeitung«. So gebe es ein Moratorium, das eine Rückzahlung für einen großen Teil der Schulden bis zum Jahr 2023 stunde. »Es ist ein Irrglaube, dass Griechenland viele Schulden zurückzahlt«, so Fratzscher. Der Wirtschaftsforscher wandte sich allerdings auch gegen die unter anderem von der Bundesregierung verlangte »Reformen auf Vorrat«, falls Griechenland bestimmte Kürzungsauflagen in der Zukunft verfehlt. »Das ist Unsinn und wäre kontraproduktiv«, so Fratzscher. »Die Reformen müssen jetzt gemacht werden. Denn der Denkansatz, wir machen das Notwendige erst, wenn es uns schlechter geht, hat Griechenland ja genau in die schwierige Lage gebracht, in der es jetzt steckt.«

Athen braucht spätestens bis Anfang Juli eine Auszahlung aus dem vereinbarten Kreditprogramm, damit nicht erneut die Zahlungsunfähigkeit droht. Es stehen einige Wichtige Rückzahlungsverpflichtungen an: Bis zum 7. Juni müssen knapp 300 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds gezahlt werden. Im Juli muss Griechenland an den IWF, an die Europäische Zentralbank (EZB) und anderen Gläubigern insgesamt 3,666 Milliarden Euro überweisen. Zusätzlich muss Athen bis zum Jahresende jeden Monat Staatsanleihen neu finanzieren. Dies gilt allerdings als relativ leicht. Die meisten Investoren sind nämlich griechische Geldinstitute. Sie recyceln einfach Geld, das sie bereits über Staatsanleihen geliehen haben, indem sie erneut vom Staat Papiere kaufen. Zudem müssen im September und Dezember jeweils gut 299 Millionen Euro an den IWF gezahlt werden.

Die Regierung kratzt - wie schon im vergangenen Jahr um diese Zeit - die letzten Mittel zusammen, um Staatsbediensteten und Beamten Löhne und Gehälter zahlen zu können. Die staatlichen Krankenhäuser mussten ihre nicht dringend benötigten Geldreserven an die Zentralbank überweisen. Dann folgte die staatliche Krankenkasse (EOPYY) und die Arbeitsagentur (OAED). Sogar das Parlament übertrug 67 Millionen Euro von seinem Haushalt an den Staat. Agenturen/nd

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