Schafft ein, zwei, viele soziale Zentren!
Nach mehreren Besetzungen sucht das Bündnis »Social Center for all« nun dauerhafte Räume
Berlin. Noch vor einem Jahr war es kaum mehr als eine Idee: Schafft ein, zwei, viele »Social Center for all« (Soziales Zentrum für alle)! Linken Aktivisten schwebte für verschiedene Orte in Europa jeweils ein Raum vor, der – wie es in einer Erklärung heißt – »angstfrei, offen und barrierefrei« ist. Von und mit Geflüchteten sollten eine offene Küche, Feste, kulturelle Angebote und politische Bildungsangebote entstehen. Inzwischen ist aus der Idee eine Bewegung geworden.
In vielen Städten Europas haben sich solche »Social Center« etabliert – erkämpft durch Besetzungen. Hier können Flüchtlinge leben, arbeiten, sich vernetzen und nachbarschaftlich organisieren. Vor allem in Berlin hatten Aktivisten im vergangenen Jahr immer wieder leer stehende Häuser besetzt, die dann meist behördlich geräumt wurden.
Zur Konferenz an verschiedenen Orten in Berlin hat das Bündnis »Social Center for all« für Freitag und Samstag wieder Experten eingeladen:
Alte und neue Hausbesetzer teilen ihre Erfahrungen, Anwälte informieren über rechtliche Fragen, verschiedene Aktionsformen sollen trainiert und die Kommunikation untereinander sowie nach außen geschult werden.
Das Programm:
Freitag, 13.5., 17 Uhr im New Yorck im Bethanien (Mariannenplatz 2a, Kreuzberg)
Workshops:
- Recht & Gesetz rund ums Besetzen (Anwält_innen)
- Taktik und Praxis
- Besetzungen „damals“ – Mythos und Wirklichkeit (Besetzer_innen)
- Besetzungen „heute“ – Was geht (nicht)? (Besetzer_innen)
- Medien & Öffentlichkeit (sc4a)
Am Samstag, 14.5., gibt es ab 14 Uhr einen Stand des Bündnisses auf dem »Carnival of Subcultures« in der Köpenicker Straße zwischen Engeldamm und Adalbertstraße in Kreuzberg.
Aufrufende Gruppen sind die radikale linke berlin, die Interventionistische LinkeBerlin (IL), Autonome Gruppen, die Antifa Friedrichshain, Köpi 137 und Friedel54.
Am 5. März hatte das Bündnis in Leipzig besonders viel Aufsehen erregt, weil es ein Gebäude in der Platostraße besetzte und dies damit begründete, »angesichts der menschenunwürdigen Unterbringung, der schlechten Versorgung der Geflüchteten und der rassistischen gesellschaftlichen Verhältnisse« bleibe ihnen keine Wahl, als dieses Zeichen zu setzen.
In Mannheim besetzte am selben Tag ein Bündnis verschiedener politischer Gruppen mehrere leer stehende Häsuer einer städtischen Wohnungsgesellschaft. In der baden-württembergischen Stadt begründeten die Aktivisten ihr Vorgehen vor allem mit der auch hier in steigenden Mieten sich äußernden Gentrifizierung. Bereits eine Woche zuvor hatten in Freiburg im Breisgau 150 Menschen für die Einrichtung eines sozialen Zentrums in leer stehenden DGB-Räumen protestiert. In Frankfurt am Main, Münster und Halle gab es im Februar ähnliche Aktivitäten.
In Berlin fand im März eine Konferenz des Bündnisses »Social Center for all« statt, auf der neue Eckpunkte festgelegt wurden. So sollen die Räume offen gestaltet werden. Im Fokus stehen dabei die Anbindung an die Nachbarschaft und die Installation eines festen Ortes für bereits aktive Initiativen. Nach dem Ende dieser Konferenz hatten die Aktivisten kurzzeitig ein Haus in der Köpenicker Straße besetzt, das seit Jahren leer steht und abgerissen werden soll.
Zeitlich begrenzte Besetzungen sollen ab jetzt nicht mehr nötig werden. Am kommenden Wochenende findet in Berlin eine neue Konferenz statt, deren Ziele die Bündnissprecherin Greta Anders so beschreibt: »Wir wollen mit allen Interessierten diskutieren, wie wir uns den Raum für ein Social Center dauerhaft nehmen wollen. Wie bereits im Vorfeld, sind auch hier alle aufgefordert, sich zu beteiligen.«
Es gehe darum, praktische Erfahrungen auszutauschen und Szenarien durchzuspielen, damit niemand in eine »blöde Situation« komme. Danach soll erst einmal Schluss sein mit Konferenzen, so Anders: »Das nächste Plenum findet hoffentlich im Social Center statt.« nd
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