Israels Regierung rückt weiter nach rechts
Ultra-Nationalist Avigdor Lieberman wird neuer Verteidigungsminister / Zurückgetretener Vorgänger Jaalon warnt vor gefährlicher Radikalisierung des Landes und der regierenden Likud-Partei
Jerusalem. Israels Ex-Außenminister Avigdor Lieberman wird neuer Verteidigungsminister. Liebermans ultranationalistische Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) einigte sich in der Nacht zum Mittwoch mit der regierenden Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf eine Beteiligung an der Koalition, wie Tourismusminister Jariv Levin und ein Sprecher Liebermans erklärten. Lieberman übernimmt demnach das Verteidigungsressort, ein weiterer Vertreter seiner Partei soll das Ministerium für die Aufnahme von Einwanderern übernehmen.
Die ultrarechte Partei wird damit Mitglied der rechts-religiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Israel Beitenu hatte ursprünglich sechs Mandate, eine Abgeordnete entschied jedoch in der vergangenen Woche, in der Opposition zu bleiben.
Ein Koalitionsabkommen solle im Verlauf des Tages unterzeichnet werden, berichtete der israelische Rundfunk am Mittwoch. Lieberman hatte vor einer Woche erklärt, er sei unter drei Bedingungen bereit, mit seiner Partei der Koalition beizutreten: die Übernahme des Verteidigungsressorts, die Möglichkeit zur Verhängung der Todesstrafe gegen anti-israelische Attentäter und eine erweiterte Anerkennung der Rentenansprüche für Einwanderer aus der früheren Sowjetunion. Daraufhin lud Netanjahu ihn zu Sondierungsgesprächen ein. Am Freitag legte der als moderat geltende Verteidigungsminister Mosche Jaalon sein Amt nieder.
Mit der Regierungsbeteiligung Liebermans zeichnet sich nun ein starker Rechtsruck in der israelischen Politik ab. Lieberman ist für markige politische Aussprüche bekannt. So forderte er, Israel solle im Gazastreifen ebenso vorgehen wie einst Russland in Tschetschenien. Im Umgang mit der radikalislamischen Hamas solle Israel so verfahren »wie die USA mit den Japanern im Zweiten Weltkrieg«, sagte er.
Lieberman, der 1978 als 20-Jähriger aus der UdSSR zugewandert war, war von 2009 bis Ende 2012 Außenminister unter Ministerpräsident Netanjahu, trat dann wegen Korruptionsermittlungen zurück und kehrte elf Monate später nach einem Freispruch mangels Beweisen wieder ins Außenamt zurück. Dem vor einem Jahr gebildeten vierten Kabinett Netanjahus gehörte er nicht mehr an. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.