Mit Kanonen auf die Alpen

Bayerns Opposition fordert, die Aufstellung von Beschneiungsmaschinen zu beschränken

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Schneekanonen in Bayerns Skigebieten sind seit Jahren Streitthema zwischen CSU und Opposition. Nun liefert ausgerechnet die Staatsregierung SPD und Grünen im Schneekanonenstreit Futter.

München. Die Modernisierung von Skigebieten mithilfe von Schneekanonen kann die Natur in den Alpen über Jahrzehnte hinweg schädigen. Zu dieser Einschätzung kommt das Umweltministerium in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Landtags-SPD. Ursache sind demnach weniger die Schneekanonen selbst als vielmehr die dafür notwendigen Baumaßnahmen: »Bei der Verlegung von Wasser-, Druckluft- und Stromleitungen werden schwere Baumaschinen eingesetzt und gerade in höheren Lagen kann es viele Jahrzehnte dauern, bis sich Humusschicht, Bodenleben sowie Pflanzen- und Tierwelt von den Eingriffen erholen können«, heißt es in dem Papier.

Die SPD sieht sich nun in ihrer Kritik an der staatlichen Förderung von Schneekanonen bestätigt - und fordert eine Verschärfung der Vorschriften. »Das sind schwerwiegende Eingriffe in die Natur«, sagte der Umweltpolitiker Florian von Brunn. Laut Umweltministerium treten Umweltschäden bei »baulich veränderten« Skipisten auch unabhängig von künstlicher Beschneiung auf - gemeint ist damit die Planierung von Pisten. Auf diesen Pisten sind demnach die Erosionsschäden größer, außerdem ist je nach Art des Bodens das Risiko von Erdrutschen und Hangabbrüchen erhöht.

Außerdem kann die künstliche Beschneiung laut Umweltministerium ab einer Meereshöhe von 1400 Metern gravierenden Einfluss auf die örtliche Pflanzenwelt haben. Von Brunn fordert deshalb auch verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfungen ab 1400 Metern. Bisher ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung laut bayerischem Wassergesetz erst ab 1800 Metern vorgeschrieben - eine Höhe, die nur ganz wenige bayerische Skigebiete erreichen.

Die Staatsregierung auf der einen sowie SPD und Grüne auf der anderen Seite im Landtag fechten seit Jahren um die Schneekanonen. Die vergleichsweise kleinen bayerischen Skigebiete haben große Mühe, mit der Konkurrenz in Tirol mitzuhalten. Die Staatsregierung fördert den Ausbau der Skigebiete, die Opposition argumentiert, dass sich der Klimawandel auch mit Hilfe von Beschneiung nicht aufhalten lasse - und die künstliche Beschneiung sei angesichts des fraglichen ökonomischen Nutzens die Umweltschäden nicht wert.

»Der hemmungslose Ausbau der bayerischen Skigebiete mit umweltschädlicher Beschneiungstechnik ist gedanken- und verantwortungslos«, kritisierte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann, der seit Jahren gegen die Pistenbeschneiung Front macht. »Die Skiindustrie hat 2015 so viel Wasser in die Schneeerzeugung gepumpt, wie eine mittelgroße Stadt - etwa Passau - in einem Jahr verbraucht. Das ist doch absurd.«

Seit dem Jahr 2000 haben sich nach den Daten des Umweltministeriums Wasserverbrauch und Energiebedarf für die Beschneiung verdreifacht. »Der eigentliche Skandal ist die Verharmlosung des Umweltfrevels in den bayerischen Alpen durch die CSU-Umweltministerin«, warf Hartmann Ressortchefin Uklrike Scharf vor.

Die SPD wiederum ist unzufrieden mit der Antwort des Ministeriums auf die Frage, wie sich die künstliche Beschneiung auf den Wasserhaushalt auswirkt. Wasser für die Schneekanonen müsse entweder aus Bächen entnommen oder aus dem Tal auf den Berg gepumpt werden, sagte von Brunn. In Teilen der französischen Alpen in Hochsavoyen gebe es bereits Wassermangel. »Wir haben den Eindruck, dass das Umweltministerium da gar nicht so genau hinschauen will«, kritisierte von Brunn.

Das Ministerium argumentiert in seiner Antwort auf die Fragen der SPD, die Auswirkungen einer Beschneiung seien in Sachen Wasserhaushalt »eher von geringer Bedeutung«. »Hauptproblem aus wasserwirtschaftlicher Sicht ist eher die Anlage der Skipiste an sich«, heißt es in dem Dokument. Denn das Landesamt für Umwelt hat »generell für Skipisten eine gravierende Erhöhung der Abfluss- und Erosionsbereitschaft« festgestellt. dpa/nd

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