Der Fluch des Quecksilbers
In einigen Regionen Perus gilt seit Anfang der Woche der Notstand
Die Studie des Instituts für Zivilverteidigung vom 17. Mai 2016 lässt keinen Zweifel: »Die Kontaminierung mit Quecksilber in der Luft, dem Wasser, den Sedimenten und Fischen ist Konsequenz der inadäquaten Praktiken des illegalen und informellen Bergbaus während der Goldgewinnung« heißt es da. Darauf hat die Regierung des scheidenden peruanischen Präsidenten Ollanta Humala reagiert und am Montag den Notstand über elf Bezirke der peruanischen Amazonasregion Madre de Dios verhängt. Die grenzt an Brasilien sowie Bolivien und das Schürfen von Gold ist dort eine der zentralen Einnahmequelle.
Mindestens 70 000, vielleicht auch mehr als 100 000 Mineros, Goldschürfer, sind in der Region aktiv. »Sie hinterlassen eine vergiftete Wüste. Erst muss der Regenwald weichen und dann wird der sandige Untergrund Quadratmeter für Quadratmeter nach Goldpartikeln durchwaschen«, erklärt César Ascorra. Auf 40 Tonnen Quecksilber wird die Menge taxiert, die jährlich in die Umwelt gelangt, 100 000 Hektar Tropenwaldfläche sind bereits verloren und die Wiederaufforstung ist komplex und kostspielig. Der Biologe Ascorra arbeitet für die Cáritas, berät Bauern bei der Landnutzung und engagiert sich seit Jahren für die Regulierung des illegalen, informellen Bergbaus in der Region.
»Die erste Studie zur hohen Kontaminierung von Fischen in der Region stammt aus dem Jahr 2013. Warum die Regierung nun wenige Wochen vor dem zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen am 5. Juni den Notstand ausruft, ist nicht ganz nachvollziehbar«, äußert sich Ascorra überrascht. Er fragt sich, weshalb die Regierung nun die Notbremse zieht, statt endlich den illegalen Raubbau in der Region zu regulieren. »Es fehlt ein Konzept und die Regierung ist in der Vergangenheit jedes Mal eingeknickt, wenn die Mineros auf die Straße gingen«, kritisiert der Experte.
Mehrfach haben Militärs und Polizei im Zuge von Razzien Schwimmbagger und anderes schweres Gerät in der Regenwaldregion zerstört, sind gegen die Prostitution in und um die Bergbaucamps vorgegangen. Doch klare Vorgaben wie die Registrierung der Unternehmen, die Überwachung der Quecksilberimporte, die Kon- trolle des Goldankaufs oder die Suche nach Alternativen zum Quecksilber hat es nur in Ansätzen gegeben, kritisiert der Umweltexperte. Das überließ Umweltminister Manuel Pulgar Vidal bisher eher den Nichtregierungsorganisationen. Welche Maßnahmen die Regierung während des 60 Tage dauernden Ausnahmezustands ergreifen wird, ist noch nicht bekannt. Bereits angekündigt ist die Entsendung von Ärzteteams und mobilen Hospitälern.
Sicher ist jedoch, dass der informelle Bergbau gut organisiert ist und schnell mehrere zehntausend Mineros auf die Straße schicken kann. Wählerstimmen, um die Keiko Fujimori buhlt. Die Präsidentschaftskandidatin und Tochter des Autokraten Alberto Kenya Fujimori, der Peru von 1990 bis 2000 regierte, hat angekündigt, die rechtliche Situation der illegalen und informellen Mineros deutlich zu verbessern. Das verheißt nichts Gutes für die Umwelt und den Tourismus in der Region. Angesichts der anhaltend hohen Goldpreise von mehr als 1200 US-Dollar pro Unze ist das illegale Schürfen nicht nur in Peru weit verbreitet. Aus der Region von Madre de Dios stammen rund zwanzig Prozent der peruanischen Goldexporte und der Export von Gold, Silber und Kupfer ist die wichtigste Einnahmequelle des südamerikanischen Landes. Doch die Proteste gegen den Bergbau und die Umweltschäden haben in der Vergangenheit stetig zugenommen - nicht nur, weil das Gros der Gewinne von Bergbaukonzernen aus dem Ausland gemacht wird.
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