Hiroshima-Überlebende fordern Entschuldigung
Opfer leiden bis heute unter den Folgen des atomaren Infernos
»Viele von uns Überlebenden bestehen auf einer Entschuldigung«, sagt Toshiki Fujimori, der den Atombombenabwurf als Kleinkind knapp überlebte. Auf einer Pressekonferenz der Opferverbände vor dem Besuch des US-Präsidenten forderte Fujimori Obama auf, sich die Lebensgeschichten der Überlebenden anzuhören. Das Leid der Opfer gehe weit über ihre physischen Beschwerden hinaus, so Fujimori. Wegen der Angst der Bevölkerung vor den Folgen der radioaktiven Strahlung seien sie ihr Leben lang diskriminiert worden. Sie hätten Probleme, Arbeit zu finden, seien als Ehepartner unerwünscht und litten daher bis heute.
Auch andere Vertreter von Opferverbänden äußerten die Hoffnung, dass Obama sich von ihren Geschichten berührt fühlt und sich wenigstens direkt bei den Opfern entschuldigt. Denn nur wenn es gelinge, Frieden mit der Vergangenheit zu schließen, könne Obamas Ziel einer atomwaffenfreien Welt erreicht werden.
Es sei merkwürdig, dass japanische Regierungsstellen betonten, sie wollten keine Entschuldigung für den Tod von mindestens 140 000 Menschen in Hiroshima und mehr als 73 000 Menschen in Nagasaki, beschwerten sich die Sprecher der Verbände weiter. In einer Erklärung zum Jahrestag der Atombombenabwürfe im vergangenen August hatte die Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe erklärt, es sei wichtiger, an der Vision einer atomwaffenfreien Welt zu arbeiten als 70 Jahre nach Kriegsende eine Entschuldigung zu verlangen.
Washington hat bereits angekündigt, dass Obama sich nicht entschuldigen werde, wenn er an diesem Freitag im Anschluss an das G7-Treffen nach Hiroshima reist. Auch ein Treffen mit Überlebenden gilt als unwahrscheinlich. Stattdessen werde er das enorme menschliche Leid des Kriegs betonen.
Immer wieder hatten US-amerikanische Präsidenten über einen Besuch des Atombombendoms in Hiroshima nachgedacht - und die Idee dann doch verworfen. Sie wussten, dass die Bilder eines Präsidenten vor diesen grauenvollen Kriegsrelikten unweigerlich Fragen nach Schuld und Reue aufwerfen würden, kommentierten Medien in den Vereinigten Staaten die Ankündigung von Obamas historischem Besuch.
Noch immer ist die Mehrheit der US-Bürger überzeugt, dass die Atombombenabwürfe gerechtfertigt gewesen seien, um den Zweiten Weltkrieg schneller zu beenden und weitere Opfer zu verhindern. Historiker sind allerdings uneins, was die Beweggründe der Administration des damaligen Präsidenten Harry S. Truman angeht, und verweisen auch auf die Überlegung, die Sowjetunion durch die Bomben auf Hiroshima und Nagasaki abzuschrecken.
Auch bei Japans Nachbarn würde wohl alles, was nach einer US-amerikanischen Entschuldigung klingt, auf wenig Verständnis stoßen. So kritisierte die chinesische Tageszeitung »Global Times« Barack Obama dieser Tage, er würde mit seinem Besuch Tokio die Gelegenheit geben, sich als Opfer darzustellen. Die japanischen Rechtsaußenkräfte hätten »immer versucht, die grausame, herzlose Rolle Japans als Angreifer reinzuwaschen«, kommentierte die Zeitung. Die südkoreanische Zeitung »JoongAn Ilbo« urteilte gar, Japan habe die Atombombenabwürfe provoziert.
Japan hatte große Teile Asiens unterworfen und die Bevölkerung zu Zwangsarbeit und Prostitution gezwungen. Zwar hat Tokio sich mehrfach entschuldigt. Doch immer wieder verärgern nationalistische Politiker die Opfer, wenn sie - wie Premier Shinzo Abe - beispielsweise an der Beteiligung des japanischen Militärs an der Rekrutierung der sogenannten Trostfrauen für Kriegsbordelle zweifeln.
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