Bali wird plastikfrei

Zwei indonesische Schülerinnen bringen mit Kampagne und Hungerstreik Gouverneur zum Handeln

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.
Das indonesische Urlaubsparadies Bali droht am Müll zu ersticken. Zwei Jugendliche wollten das nicht länger mitansehen. Sie starteten eine Kampagne gegen Plastik und einen Hungerstreik: mit Erfolg.

Als die beiden Indonesierinnen Isabel und Melati Wijsen zehn und zwölf Jahre alt waren, lernten sie in der Schule über »wichtige« Persönlichkeiten. Nelson Mandela, Lady Diana und Mahatma Gandhi waren darunter. »Melati und ich gingen an dem Tag nach Hause und dachten: ‚Was können wir als Kinder hier auf Bali tun, was können wir jetzt tun?«, erinnert sich Isabel Wijsen. Die beiden Schwestern setzten sich zusammen, sammelten Ideen und kamen schnell auf den Berg an Müll, der Bali tagtäglich überrollt. Über 680 Kubikmeter Plastik an nur einem Tag - aufeinander gehäuft sei das so hoch wie ein 14-stöckiges Hochhaus, sagen die Mädchen.

Doch Bali war nicht immer so: Früher arbeiteten die Menschen hauptsächlich mit biologischem Material, das zu 100 Prozent abbaubar war. Doch mit dem wachsenden Tourismus und mehr westlichen Einfluss stieg auch die Nutzung von Plastikprodukten an. Kleine Restaurants - die Warungs - servieren Getränke beispielsweise in Plastiktüten statt in Gläsern. Es soll schließlich schnell gehen. Eine regelmäßige Müllabfuhr gibt es bei weitem nicht überall und so wird der meiste Müll verbrannt oder ganz einfach in die Flüsse geschüttet. Letztendlich landet er oft im Meer oder an den Stränden.

»Die Auswahl des Themas war also einfach: Aber war es ein Ziel, das wir als Kinder erreichen konnten?«, fragten sich die Schwestern. Den gesamten Müllberg abzutragen, das trauten sich die beiden dann doch nicht zu und so beschlossen sie, sich auf Plastiktüten zu konzentrieren. Bali sollte Plastiktüten verbieten, Balinesen »Nein« zu Plastiktüten sagen. Ihre Anti-Plastiktütenkampagne war geboren. Sie nannten sie schlicht »Bye Bye Plastic Bags«. Das alles ist jetzt drei Jahre her.

»Seitdem war unsere Mission, die Menschen auf Bali dazu zu bringen, ›Nein‹ zu Plastiktüten zu sagen«, sagen die Schwestern. Doch der Weg war nicht immer einfach. Sie starteten mit der Idee, eine Million Unterschriften gegen Plastiktüten zu sammeln. Gleichzeitig organisierten sie Aufräumaktionen am Strand, Flashmobs und Schulpräsentationen.

»Das Schwierigste für uns als Teenager ist einfach, uns so lange zu binden«, sagen die beiden. Alle Aktionen seien am Wochenende und »das ist ja auch die Zeit, um mit seinen Freunden rumzuhängen oder surfen zu gehen«. Unterschätzt hatten die Teenager auch, wie schwierig es war, eine Million Unterschriften zu sammeln. Das Projekt der Schülerinnen stockte, die Unterschriften tröpfelten, doch aufgeben wollten sie nicht.

Der Durchbruch kam schließlich durch etwas ganz Anderes: Inspiriert von den Aktionen ihres Helden Gandhi organisierten sie einen Hungerstreik, um den balinesischen Gouverneur auf sich aufmerksam zu machen. Auf Anraten eines Ernährungsberaters fasteten sie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, einen völligen Hungerstreik unterbanden die Eltern. Doch die Symbolhandlung tat ihre Wirkung.

Gouverneur Made Mangku Pastika empfing die Mädchen und stellte sich auf ihre Seite. Heute bezeichnen beide ihn als ihren Freund und Unterstützer ihrer Initiative. Als die Umweltschutzagentur der Insel schließlich verkündete, dass Bali ab 2018 frei von Plastiktüten werden soll, war der Sieg der beiden Mädchen vollbracht.

Als die beiden im Januar zu einem Internetvortrag, dem sogenannten TED-Talk, nach London eingeladen wurden, sprachen die beiden nicht nur über ihre Erfolge, sondern auch über die Probleme auf dem Weg. Doch die wichtige Erfahrung sei gewesen, »dass Kinder Dinge schaffen können«, sagten sie damals. »Wir Kinder mögen nur 25 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen, aber wir sind 100 Prozent der Zukunft«, sagten sie in ihrem TED-Talk.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.