Russische Fluglotsen und UFOs über Fernost

US-Aufklärer ohne Kennungen näherten sich Passagierflugzeugen gefährlich / Zeitung: »Unsichtbarer Luftkrieg«

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
In Fernost kommen sich militärische und zivile Flugzeuge gefährlich nahe. Russische Fluglotsen halte sie noch auseinander.

Gleich mehrfach mussten russische Fluglotsen in Fernost vergangene Woche den Kurs westlicher Passagierflugzeuge korrigieren. »Unbekannte fliegende Objekte«, so berichteten Nachrichtenagenturen, hatten sich den Jets so weit genähert, dass die akute Gefahr einer Kollision bestand. Die Zwischenfälle ereigneten sich in 11 000 Meter Höhe über neutralen Gewässern des Japanischen Meeres.

Für die Sicherheit der zivilen Luftfahrt ist dort Russland verantwortlich. Bei einer Maschine der Swissair, unterwegs nach Tokio, war der Abstand so gering, dass die Crew den Gefährder mit bloßem Auge erkennen und dem Tower im russischen Wladiwostok beschreiben konnte. Demzufolge handelte es sich um eine schwere viermotorige Maschine.

Experten des russischen Verteidigungsministeriums haben die UFOs inzwischen als Boeing RC-135 identifiziert. Ihren Erkenntnissen nach setzt die US-Luftwaffe Maschinen dieses Typs zu Aufklärungszwecken ein. Sie seien von der Luftwaffenbasis Kadena im Japan gestartet. Eine RC-135 war im April auch bei dem Zwischenfall über der Ostsee bei Kaliningrad und im Januar über dem Schwarzen Meer beteiligt. Um sie zur Kursänderung zu zwingen, stiegen sogar russische Abfangjäger auf. Dort wie in Fernost, heißt es im Verteidigungsministerium in Moskau, hätten die Maschinen keine Kennungen gehabt. Die Transponder - Funk-Kommunikationsgeräte, die eingehende Signale aufnehmen und automatisch beantworten oder weiterleiten - seien abgeschaltet gewesen. Wiederholte Aufforderungen der Fluglotsen und der Besatzungen der Verkehrsmaschinen hätten sie ignoriert.

Zwischenfälle dieser Art an Russlands Grenzen, so Generalmajor Igor Konnaschenkow, Sprecher des Verteidigungsministeriums, würden sich leider häufen. Doch nie zuvor sei die »reale Gefahr eine Kollision mit katastrophalen Folgen« so hoch gewesen, wie letzte Woche in Fernost. Der US-Militärattaché sei daher ins Verteidigungsministerium einbestellt worden. Zum ersten Mal seit Ende des Kalten Krieges.

Die »Nesawissimaja Gaseta« sprach von einem »unsichtbaren Luftkrieg an Russlands Grenzen«, bei dem die Boeing RC-135, deren Konstruktion einer Verkehrsmaschine ähnelt, eine tragende Rolle spielen würde. Die Jets seien mit Elektronik vollgestopft, würden Daten zu Aktivitäten von Heer, Marine und Luftwaffe des Gegners aufzeichnen und direkt an das Pentagon senden. Sie könnten auch getarnte Objekte der militärischen Infrastruktur aufspüren. Derzeit habe Washington 32 dieser Maschinen im Einsatz.

Aufklärungsmissionen, glaubt das Blatt, würden sich nicht nur an Russlands Westgrenzen häufen, sondern auch in Fernost und in der Arktis. Die dort nach dem Ende der Sowjetunion aufgegebenen Stützpunkte nimmt Moskau zügig wieder in Betrieb und errichtet neue. Im Schelf des Eismeeres lagern gewaltige Öl- und Gasvorkommen, der Klimawandel macht Förderung und Verschiffung über den Nördlichen Seeweg möglich. Per Videokonferenz war Kremlchef Wladimir Putin am 25. Mai mit dem neuen Arktis-Terminal in der Ob-Mündung auf der Jamal-Halbinsel verbunden und gab das Startzeichen für die Beladung des ersten Tankers mit in der Region gefördertem Öl.

Der Schutz der 200-Meilen-Wirtschaftszone vor den Küsten Sibirien sowie Ausbau und Modernisierung der militärischen Infrastruktur in den nördlichen Randgewässern des Pazifiks - gemeint waren Ochotskisches und Japanisches Meer - hätten absolute Priorität, machte Verteidigungsminister Sergei Schoygu deutlich.

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