Straßenbaupläne gefährden den Urwald

In Nigeria entzweit ein Autobahnprojekt die Gesellschaft bis hinein in die Regierung

  • Anne Gonschorek, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.
Pläne für eine umstrittene neue Straße könnten den nigerianischen Wald zerstören - und würden gegen internationale Naturschutzvereinbarungen verstoßen. Dabei ist sich die Regierung selbst uneinig.

Die letzten Überbleibsel des nigerianischen Urwaldes liegen im Cross River National Park. Unter den erstaunlich vielen Arten der Region wimmelt es nur so von gefährdeten Spezies wie Schimpansen, Elefanten, Gorillas und etwa 600 Schmetterlingsarten. Der Park ist außerdem Teil eines UNO-Programmes für Entwaldungsbekämpfung und die Verringerung von Emissionen. Doch dem Frieden der nigerianischen Fauna steht nun ein neues Projekt entgegen: eine 260 Kilometer lange Autobahn.

»Einige der am besten erhaltenen Regenwälder Nigerias liegen im Cross River Nationalpark und dem Gemeindewald der Ekuri«, sagte Nnimmo Bassey, der Direktor der Health of Mother Earth Stiftung gegenüber der nigerianischen Zeitung »The Guardian«. »Diese Wälder drohen nun, einer Superautobahn weichen zu müssen, die leicht umgeleitet werden könnte.« Auch Umweltministerin Amina Mohamed warnt davor, dass die geplante Schnellstrecke gegen internationale Naturschutzabkommen verstößt und fast 200 Gemeinden gefährdet. »Diese Autobahn wird die gesamten 33 600 Hektar der Ekuri-Wälder auslöschen und die Lebensweise dieser Waldgemeinden für immer zerstören«, warnte auch der Vorsitzende der Ekuri-Gemeinde, Martins Egot. Dessen ungeachtet und ohne die verfassungsrechtlich geforderte Umweltverträglichkeitsprüfung, haben die Rodungsarbeiten aber bereits begonnen.

Aktivisten behaupten, dass es wesentlich günstiger wäre, einfach die bereits existente Autobahn nachzubessern. Sie glauben, dass korrupte Beamte schlicht von der neuen, parallel zur alten verlaufenden Straße profitieren wollen. Der Gouverneur des Cross River Bundesstaates, Benedict Ayade, streitet diese Anschuldigungen allerdings ab. Er besteht darauf, dass die Straße ein wichtiger Teil des nigerianischen Fortschritts sei und allen betroffenen Gemeinden zugutekommen werde. In einer Ansprache erklärte er, seine Gegner hätten »eine Lügenkampagne« über die sechsspurige Autobahn gesponsert. Er selbst verpflichte sich für das Ende der illegalen Holzfällerei und wolle gemeinsam mit der Regierung für die 20.000 Bäume, die der neuen Straße weichen müssten, Millionen neue pflanzen. Wann, mit welchen Mitteln oder in welchem Rahmen dies geschehen soll, ist allerdings bisher unklar.

Das Problem der Entwaldung betrifft den gesamten afrikanischen Kontinent und ist schwer aufzuhalten. Besonders arme Gemeinden benötigen das zusätzliche Feuerholz und roden immer mehr Land, um ihre Landwirtschaft zu betreiben. Um der so bedingten Zerstörung ihrer Naturgebiete entgegenzuwirken, treten Länder mit massiven Waldgebieten und Artenvielfalt, wie zum Beispiel die Demokratische Republik Kongo, Liberia und eben Nigeria, internationalen Programmen bei. Dort erhalten sie langfristige Leistungsanreize, um mit Hilfe der Erhaltung ihrer Wälder die Auswirkungen der Treibhausgasemissionen einzuschränken.

Bisher galt Cross River unter Naturschützern und der UNO als Vorzeigebeispiel im Kampf gegen den Klimawandel. Die Regierung hatte dem Druck nigerianischer und internationaler Naturschützer nachgegeben und das Gebiet im Jahr 1991 zum Nationalpark erklärt. Dieses Erbe könnte aber nun geteert werden. Präsident Muhammadu Buhari wohnte der Grundsteinlegung der neuen Autobahn bereits im Oktober des vergangenen Jahres bei und pries Ayade für seine Initiative in schweren Zeiten an. Nigeria steckt inmitten einer Haushaltskrise; fast zwei Drittel der 36 Bundesstaaten können kaum die Gehälter ihrer Beamten bezahlen. Wie die Ausgabe von 1 Billion Naira (4,5 Milliarden Euro) für eine neue Autobahn in dieser Situation helfen soll, ist vielen ein Rätsel.

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