Xhaka - Xhaka: Erstmals gibt es ein Bruderduell bei einer EM
Am Sonnabend treffen beim Spiel Albanien gegen die Schweiz Taulant und Granit Xhaka aufeinander
Als Frankreichs Welt- und Europameister David Trezeguet im Palais des Congrès in Paris die Schweiz und Albanien in eine EM-Gruppe loste, war Granit Xhaka schockiert. »Ein Scheißgefühl«, entfuhr es dem Kapitän von Borussia Mönchengladbach. Am Samstag, ein halbes Jahr danach, ist es so weit: Er muss in Lens gegen seinen Bruder Taulant spielen. »Das haben wir uns als Letztes gewünscht«, sagt der 23-Jährige.
Vor der Auslosung, als das erste Bruderduell der EM-Geschichte nur eine vage Möglichkeit schien, hatte er noch angekündigt: »Wenn das passiert, spiele ich nicht.« Jetzt, da es Realität geworden ist, scherzt er: Beide hätten vereinbart, »dass wir nach zwei Minuten vom Platz fliegen«. Taulant, der 18 Monate ältere, der noch immer beim FC Basel spielt, verspricht immerhin: »Ich werde ihn nicht umfräsen.«
Dass sie einmal bei einer EM gegeneinander antreten würden, hätten sie nie für möglich gehalten. Nicht als Kinder, die beim FC Concordia Basel dem Ball nachjagten und vom Profifußball träumten. Auch nicht als Teamkollegen beim FC Basel, wo ihr Traum Wirklichkeit wurde. Ihre Eltern Ragip und Eli waren 1990 aus Pristina in Kosovo in die Schweiz geflohen, fanden im Arbeiterviertel St. Johann in Basel eine neue Heimat - er als Gärtner, sie als Putzfrau.
Die Söhne werden dort geboren, rennen schon bald dem Ball auf der Voltamatte hinterher, der Grünanlage des Quartiers. Obwohl Taulant der Ältere ist, hängt die Mutter Granit den Hausschlüssel um den Hals, wenn die beiden weggehen - weil er der Verlässlichere ist.
Auch auf dem Fußballplatz entwickeln sie sich völlig unterschiedlich. Granit ist der technisch Versierte, der Kreative, der sich nicht auf seine Kraft verlassen kann, sondern spielerische Lösungen sucht. Taulant gilt dagegen »als der aggressive Böse«, sagt Peter Knäbel, damals Nachwuchschef in Basel. Außerhalb des Platzes jedoch ist der jüngere Granit der Extrovertierte, der schnell Karriere macht, und, wie er selbst sagt, »eine große Klappe« hat. Bevor er in Mönchengladbach durchstartet, gerät er mit Marc-André ter Stegen aneinander. Der Torhüter packt ihn in der Halbzeitpause eines Europapokalspiels am Hals, Xhaka wehrt sich: »Nicht einmal meine Eltern gehen so mit mir um.« Sein Debüt in der Schweizer Auswahl gibt er schon mit 18, im Wembley-Stadion, im Kreativzentrum. »Ich brauche den Ball, ohne ihn bin ich tot«, tönt er.
Taulant, der eher Verschlossene, hat es schwerer, sich sportlich durchzusetzen. Er wird an die Grasshoppers ausgeliehen, tritt 2012 zum ersten und bis Samstag einzigen Mal gegen seinen Bruder an. Er macht sich einen Namen als Terrier. »Ich bin keiner für die Galerie, keiner fürs Spektakel. Ich erledige die Drecksarbeit«, sagt er.
Seit September 2014 spielt Taulant für Albanien, weil er in der Schweizer Nationalelf nie eine Chance bekam. Dass sein jüngerer Bruder mit dem Wechsel zum FC Arsenal für 45 Millionen Euro zum teuersten Schweizer aufgestiegen ist und demnächst im Monat so viel verdient wie er im Jahr, sei für ihn kein Problem: »Neid käme bei uns nie infrage.« SID/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.