Schläge, Schüsse, Feuer
Zwischen rechten Burschenschaften und ihren Gegner kommt es in Göttingen regelmäßig zu Zusammenstößen
Die CDU im niedersächsischen Landtag ist schwer empört. In Göttingen gebe es für Mitglieder von Studentenverbindungen »regelrechte No-Go-Areas«, beklagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Jens Nacke, dieser Tage. Zahlreiche schwere Straftaten in der Universitätsstadt »mit offenkundig linksextremistischem Hintergrund« seien nicht aufgeklärt, SPD und Grüne wollten offenbar »keine effektive Prävention gegen Linksextremismus«.
Tatsächlich haben sich in Göttingen in den vergangenen Monaten Angriffe auf Verbindungsstudenten und ihre Häuser gehäuft. Im April legten Unbekannte an einem an das Haus der Burschenschaft »Hannovera« angrenzenden Holzschuppen Feuer. Die Flammen setzten auch die Wärmedämmung des benachbarten Wohnhauses in Brand und griffen auch auf den Dachstuhl über, verletzt wurde aber niemand. Die Polizei meldete, an der rückwärtigen Fassade des Verbindungsgebäudes seien eine mit Farbe geschmierte Parole und ein »Hammer und Sichel«-Symbol festgestellt worden.
Am Donnerstag der vergangenen Woche attackierten mehrere Vermummte laut Polizei am Rande der Innenstadt ein Mitglied einer Studentenverbindung und verletzten den Mann durch Schläge und Tritte. Der 29-Jährige und eine 27 Jahre alte, bei dem Angriff ebenfalls verletzte Begleiterin seien in ein Krankenhaus gebracht worden. Der Burschenschaftler sei ins Visier der Täter geraten, weil er über der Kleidung eine Schärpe in den Farben seiner Verbindung trug.
In der Nacht zu Montag sollen mehrere Radfahrer einen 20-Jährigen Burschenschaftler mit einer unbekannten Flüssigkeit im Gesicht und durch Tritte in den Unterleib verletzt haben. Die Flüssigkeit löste den Angaben zufolge eine allergische Hautreaktion im Gesicht des Studenten aus. Die Polizei geht in allen Fällen von einem politischen Hintergrund aus und hat eine spezielle Ermittlungsgruppe eingeleitet.
Indessen haben diese Übergriffe, wenn sie sich denn so zugetragen haben, eine Vorgeschichte: Burschenschaftler gingen nämlich ihrerseits gewaltsam gegen Linke vor. Zwei Verbindungsstudenten wurden dieser Tage deshalb zu Geldstrafen verurteilt. In einem Fall muss ein Verbindungsstudent 1000 Euro zahlen, weil er ein Mitglied der in der linken Szene angesiedelten Wohnrauminitiative vom Fahrrad gestoßen hatte. Der Radfahrer erlitt bei dem Sturz unter anderem einen Kreuzband- und einen Meniskusriss sowie einen Knorpelschaden.
Mit einer Geldstrafe in Höhe von 1800 Euro endete am Mittwoch das Verfahren gegen einen ehemaligen Burschenschaftler, der vor einem Jahr aus einem Verbindungshaus heraus Dutzende Schüsse aus einer Soft Air-Waffe auf ein Studentenwohnheim abgefeuert hatte. Mehrere Plastikgeschosse flogen durch das geöffnete Fenster in einen Raum, in dem gerade mehrere Musiker probten. Vor Gericht erklärte der 22-Jährige, dass ihm langweilig gewesen sei. Er habe beim Aufräumen die Waffe gefunden und ausprobieren wollen, wie weit man damit schießen könne.
Der Konflikt wird zusätzlich befeuert, weil mehrere Göttinger Burschenschaftler beim als rechtsextrem geltenden »Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen« mitmischen. Die Gruppierung überzieht die Region seit Jahresbeginn mit Mahnwachen und sogenannten »Freiheitlichen Bürgertreffs«. Bei diesen Veranstaltungen sind regelmäßig auch NPD-Leute und Neonazis aus den »Freien Kameradschaften« zu Gast.
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