Über eine Billion in den Büchern
EZB kauft auch ohne OMT massenhaft Anleihen auf
Es ist der 22. Januar 2015. Griechenland steht kurz vor den Parlamentswahlen, bei denen SYRIZA das erste Mal in die Regierung gewählt wird. Die Eurokrise steuerte auf einen neuen Höhepunkt zu, während die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) schon seit einem Jahr darüber grübeln, ob Mario Draghis Anleihenkaufprogramm OMT mit dem Europarecht konform sei.
Aber was macht Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), an diesem Donnerstag des Januars 2015? Er tritt wie immer nach einer Sitzung des EZB-Rats in Frankfurt am Main vor die Journalisten. Der Rat habe beschlossen, »ein erweitertes Programm zum Ankauf von Vermögenswerten aufzulegen«, teilt Draghi mit. Es ist eine Bombe, die er da platzen lässt. Denn die Summe an Wertpapieren, die im Rahmen des PSPP-Programms gekauft werden soll, war gewaltig. Die EZB wollte demnach von März 2015 bis mindestens September 2016 zusammen mit den nationalen Notenbanken im Euroraum monatlich Wertpapiere von Mitgliedsstaaten und EU-Institutionen im Wert von 60 Milliarden Euro kaufen. Das macht insgesamt ein Volumen von über einer Billion Euro.
Und bei den monatlich 60 Milliarden Euro blieb es nicht. Am 10. März dieses Jahres trat Draghi wieder vor die Pressevertreter und gab bekannt, dass man das Volumen auf monatlich 80 Milliarden Euro heraufgesetzt habe. »Diese Ankäufe sollen bis Ende März 2017 oder erforderlichenfalls darüber hinaus und in jedem Fall so lange erfolgen, bis der EZB-Rat eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennt«, fügte Draghi hinzu. Denn als Ziel hat die EZB eine Rate von knapp unter zwei Prozent ausgegeben, während die Preise vergangenen Winter zeitweise sogar gefallen sind. Gleichzeitig gab Draghi bekannt, im Rahmen des CSPP-Programms sogar Wertpapiere von Unternehmen aufkaufen zu wollen. Anfang Juni begann die EZB dann auch trotz Kritik damit.
Insgesamt hatte die EZB Ende Mai bereits Wertpapiere im Wert von über einer Billion Euro in ihrem Portfolio. Allein vergangenen Monat kaufte sie welche in Höhe von rund 85 Milliarden Euro. Denn neben Anleihen von Staaten und Unternehmen kauft die EZB bereits seit Ende 2014 Pfandbriefe (Covered Bonds) und Kreditverbriefungen (Asset Backed Securities). Mit knapp 200 Milliarden Euro machen diese Papiere ein Fünftel des EZB-Portfolios aus.
All diese Käufe machte die EZB, ohne das umstrittene OMT-Programm jemals aktiviert zu haben. Schließlich handelt es sich bei den derzeit laufenden formal um eigenständige Programme. Zudem legten Europas oberste Währungshüter bereits zu Beginn der Eurokrise zwei kleinere Anleihekaufprogramme auf. Insgesamt kaufte die EZB so bis Herbst 2012 Anleihen im Wert von knapp 300 Milliarden Euro.
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