Duftend schön, sündhaft teuer

En passant - das EM-Tagebuch: Alexander Ludewig wundert sich über Kostspieliges in Paris

In der Pariser Nacht könnte man jederzeit Blumen kaufen. Hunderte Rosenverkäufer sind auch dann noch unterwegs - oder gerade dann? Noch erfolgreicher sind nur die Kellnerinnen, wenn es um die letzte Runde geht.

In der Pariser Nacht, wenn das 3. Arrondissement mit seinen vielen Bars, Cafés und Kneipen in den Vierteln Le Bastille und Le Marais lange wach ist, könnte man jederzeit Blumen kaufen. Hunderte Rosenverkäufer sind dann auch unterwegs. Und sie geben nicht auf. Wegschauen und Kopfschütteln hilft nicht. Nach dem zweiten »Non« wird die entscheidende Karte gespielt: »Aber das ist doch nun wirklich die Blume der Liebe«, sagt einer der Verkäufer und hält mir seinen schmalen Strauß roter Rosen direkt vors Gesicht. Trotzdem nicht.

»Le derniere verre!« Die Kellnerin ist mit ihrer Aufforderung erfolgreicher. »Das letzte Glas« wollen alle noch bestellen. Als dies ausgetrunken ist, geht’s nach Hause. Auf dem Heimweg sieht man ein paar Rosen in Händen von Männern oder Frauen, die große Schwierigkeiten haben, sie zu halten. Mit der Liebe wird’s in dieser Nacht wohl auch schwer. Immerhin hat der steigende Alkoholpegel den Verkäufern ein paar Einnahmen beschert.

Generell sind die Pariserinnen aber verrückt nach Blumen. Eine Unbekannte kommt auf mich zu, schenkt mir ihr schönstes Lächeln und sagt »Oh, merci«. Sie hat den Strauß Pfingstrosen in meiner rechten Hand entdeckt, der als kleines Geschenk gedacht war. Ein charmanter Scherz. Die rosarote Blütenpracht lässt auch die Augen von vier Soldaten in Tarnuniform leuchten. Drei von ihnen deuten erst auf ihre Waffen, dann auf meine Blumen und zuletzt auf ihre Kollegin, die schon die Arme ausgebreitet hat. Ich darf sie behalten. Mit einem Augenzwinkern verabschieden wir uns.

Zugegeben: Die Pfingstrosen sind auch wirklich duftend schön. Und sie gehen auch herrlich auf, im Gegensatz zu manch enttäuschendem Kauf in Berlin. Das ist aber vielleicht nicht der einzige Grund, warum mein Strauß so begehrt ist. Ein Einzelexemplar würde drei Euro kosten – bei der Größe dieser Blumen wäre es für eine kleine Aufmerksamkeit noch eine vertretbare Ausgabe. Aber: Die Pfingstrosen gibt es nur im Strauß, im kleinsten sind vier von ihnen gebunden.

Zwölf Euro: Sündhaft teure Pfingstrosen trage ich mit mir herum. Vielleicht sind von deren Anblick auch deshalb so viele hingerissen, weil bei diesen Preisen einfach zu wenig Blumen in Paris verschenkt werden.

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