Werbung

Gesundheitsminister lässt »Luise« sterben

Im hessischen Odenwald rückt nach Schließung eines wichtigen Krankenhauses der Versorgungsnotstand näher

  • Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden
  • Lesedauer: 3 Min.
Nun gehen auch im Luisen-Krankenhaus des Luftkurortes Lindenfels in Hessen am 1. August die Lichter aus. Das wird ernste Folgen für die Region haben. Dabei gab es einen Alternativvorschlag.

Von der Hauswirtschaft bis zum Chefarzt - 118 Angestellte des Luisen-Krankenhauses von Lindenfels in Hessen erhalten nun Kündigungsbriefe. Die Schließung ist Folge des laufenden Insolvenzverfahrens beim Südhessischen Klinikverbund, einer Tochter der Klinikum Mannheim GmbH, die neben Lindenfels auch Häuser in Bensheim und Lampertheim betreibt. Das »Aus« in Lindenfels schränkt die medizinische Versorgung im ländlichen Odenwald weiter dramatisch ein.

Die vom Volksmund auch »Luise« genannte Klinik ist ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit 111 Betten und behandelt zudem ambulante Patienten. Letzteres ist besonders wichtig, da es in der 80 000-Einwohner-Region immerhin 27 Altenheime gibt, die auf eine ortsnahe ärztliche Versorgung angewiesenen sind. Das Durchschnittsalter der Hausärzte liegt bei 64 Jahren. So sind Praxisaufgaben eine Frage der Zeit. Fachärzte gibt es kaum noch.

Zur Abwehr der drohenden Krankernhausschließung hatte sich die Bürgerinitiative Gesundheitsversorgung Vorderer Odenwald (BüGeVO) gebildet, an der Klinikchefarzt Joachim Wahlig und der Hausarzt Gerhard Wetzig federführend mitwirken. Sie trug den Protest mit Hilfe von Kommunalpolitikern, Ärzten und Bürgern in regelmäßigen Montagsdemos auf die Straße. Die Zerstörung einer ortsnahen stationären Versorgung im Luisen-Krankenhaus bringe massive Folgeprobleme mit sich, warnen Vertreter der Initiative. So fielen nicht nur ein zeitgerechter Krankentransport und eine stationäre Unterbringung von mehr als 3000 Patienten pro Jahr weg. Für Patienten seien lange Wege und Wartezeiten in anderen Kliniken zwangsläufig, die bei Schwerkranken lebensbedrohlich sein könnten. »Überlastungen der Rettungsdienste und der aufnehmenden Krankenhäuser sind vorprogrammiert«, heißt es seitens der Kritiker. Längerfristige Folgen seien die Aufgabe von Haus- und Facharztpraxen, die Schließung von Altenheimen und eine Abwanderung von Bürgern wegen fehlender ärztlicher Versorgung. Für jüngere Familien komme vor diesem Hintergrund kaum eine Zuwanderung in die Region in Frage.

Als Modell zur Weiterführung einer bürgernahen stationären und ambulanten Versorgung in Lindenfels hatte die Initiative das Konzept »Luise light« entwickelt - für einen kostengünstigen Klinikneubau unweit einer Reha-Klinik im Lindenfelser Ortsteil Winterkasten. Träger des modifizierten Genossenschaftsmodells sollte eine GmbH mit Geldeinlagen von Bürgern, öffentlicher Hand, Kirchen und einer ärztlichen Gesundheitsgenossenschaft sein. Weil das Modell jedoch ohne eine Drei-Millionen-Euro-Landesbürgschaft nicht umzusetzen ist, richteten sich die Hoffnungen auf Hessens Gesundheitsminister Stefan Grüttner (CDU). Der ließ die Akteure jedoch abblitzen und warf ihnen vor, »nicht genügend Elan« an den Tag gelegt zu haben.

In Lindenfels kamen diese Worte wie ein »Schlag ins Gesicht« an. Offenbar unter Druck von oben wollten nun auch der CDU-regierte Landkreis und die Kirchen nichts von dem Alternativmodell wissen.

Die »Luise« war jüngst auf Antrag der Linksfraktion auch Thema im Wiesbadener Landtag. »Es ist eine Schande, dass Grüttner Unterstützung verweigert«, bemängelte die Landtagsabgeordnete Marjana Schott (LINKE). Statt Abwrackprämien für Krankenhäuser und Betten müsse das Land endlich Krankenhausinvestitionen finanzieren und eine planvolle und vernünftige Gesundheitsversorgung gerade auch auf dem Land sichern.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.