Portugal ohne einzigen Sieg im EM-Halbfinale
Sieg im Elfmeterschießen gegen Polen / Blaszczykowski scheitert als einziger nach 120 Minuten vom Punkt
Marseille. Unglücksrabe Jakub Blaszczykowski kauerte untröstlich auf dem Rasen, Entsetzen im Gesicht, dann schossen ihm Tränen in die Augen. Cristiano Ronaldo dagegen tanzte mit seinen Mannschaftskollegen ausgelassen vor den portugiesischen Fans. Der Elfmeterkrimi von Marseille lässt dem Superstar die Hoffnung auf den EM-Titel - und Blaszczykowski war nach dem einzigen Fehlschuss beim 3:5 die tragische Figur.
Nach 120 meist zähen Minuten mit einem Blitztor von Robert Lewandowski versagten »Kuba« am Punkt die Nerven. Ricardo Quaresma verwandelte schließlich zum Einzug Portugals ins Halbfinale. Darin geht es am Mittwoch in Lyon gegen Wales oder Belgien.
»Wir sind überglücklich. Das haben wir gebraucht. Jetzt wartet eine große Herausforderung auf uns«, sagte Lewandowskis künftiger Teamkollege beim FC Bayern, Renato Sanches. Der 18-Jährige hatte das 1:1 erzielt (33.), bei dem es bis zum Elfmeterschießen geblieben war.
Lewandowski trauerte den vergebenen Chancen nach. »Das tut sehr weh, und es wird noch lange schmerzen«, sagte er. Der Bundesliga-Torschützenkönig hatte Polen im ersten Viertelfinale nach 100 Sekunden mit dem zweitschnellsten Treffer der EM-Geschichte in Führung geschossen.
Nach einer munteren ersten Halbzeit, in der Schiedsrichter Felix Brych (München) dem schwachen Ronaldo einen berechtigten Foulelfmeter verweigerte (30.), gingen beide Mannschaften vor 62.940 Zuschauern im Stade Velodrome nicht das letzte Risiko. Vor allem die Polen bauten nach einer starken Anfangsphase immer mehr ab.
Portugal hatte noch die besseren Chancen. Ronaldo vergab allerdings zweimal die vorzeitige Entscheidung. Einmal haute er in bester Position im Strafraum über den Ball (86.). Kurz darauf verstolperte er eine weitere gute Gelegenheit (92.).
Einen kurzen Aufreger gab es in der 109. Minute, als ein Flitzer auf den Platz rannte: Ronaldo wich mit elegantem Hüftschwung aus, sechs Ordner trugen den Störenfried vom Platz.
Portugal war bei der EURO vor vier Jahren im Elfmeterschießen am späteren Europameister Spanien gescheitert. Die beste Chance auf einen Titel mit der Nationalmannschaft hatte Ronaldo 2004 besessen - damals unterlag Portugal im Finale der Heim-EM Griechenland.
Ronaldo baute mit dem Anpfiff seinen Rekord von Einsätzen bei EM-Endrunden auf 19 aus, doch er stand im Schatten eines anderen: Renato Sanches, das Talent, für das der FC Bayern die Fixsumme von 35 Millionen an Benfica Lissabon überweist. Dreimal war er eingewechselt worden, nun wurde er mit 18 Jahren und 317 Tagen der jüngste Spieler, der jemals in der Startelf der Portugiesen stand - und nach 32 Minuten auch der drittjüngste Torschütze der EM-Geschichte.
Für den ersten Höhepunkt sorgte freilich Lewandowski. 100 Sekunden waren gespielt, da hatte er den Ball nach 644 Minuten ohne Treffer für Polen endlich im Tor untergebracht. Renato Sanches brachte die Portugiesen wieder in die Spur: Sein Linksschuss von der Strafraumgrenze wurde von Grzegorz Krychowiak unhaltbar abgefälscht.
Ronaldo? Scheiterte zunächst auch mit seinem 41. direkten Freistoß nacheinander bei einem großen Turnier, hatte auch danach Pech bei seinen Abschlüssen. In der 30. Minute wurde er von Michal Pazdan im Strafraum umgeschubst, Brych ließ aber weiterlaufen - eine Fehlentscheidung des ansonsten guten deutschen Schiedsrichters. Ronaldo beschwerte sich zurecht. SID/nd
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