Nicht nur Kuba und Jamaika

Beim Festival »Wassermusik« im Haus der Kulturen der Welt kommt die »andere« Karibik zu Gehör

  • Hansdieter Grünfeld
  • Lesedauer: 3 Min.

Trotz Umbaupause bis Januar 2017 lässt das Haus der Kulturen der Welt die neunte Ausgabe der »Wassermusik« an den Wochenenden zwischen dem 8. und dem 30. Juli auf der Dachterrasse stattfinden. Bei Regen soll es diesmal ins Haus-Restaurant gehen, das hoffentlich über eine bessere Belüftung verfügt als der Galeriesaal des Areals, der in den Jahren davor als Regenzuflucht diente.

Entgegen dem steigenden Einfluss von Kuba und Jamaika fielen die vielfältigen musikalischen Strömungen der »anderen« Karibik fast dem Vergessen anheim. Musik von den Inseln Guadeloupe, St. Lucia oder Providencia transportiert daher die diesjährige »Wassermusik« ebenso nach Berlin wie solche aus Venezuela, Kolumbien und Mexiko. In diesem Sinne stehen 18 Konzerte, elf Filmvorführungen und zwei Lesungen mit Nachgesprächen auf dem Programm. Letztere werden erstmalig aus dem Reigen der Wochenendveranstaltungen ausgeklammert und gesondert an Donnerstagen veranstaltet.

Gleich der Eröffnungsabend an diesem Freitag beschert den ersten Veranstaltungshöhepunkt. Denn mit dem Auftritt von Ernest Ranglin, geboren 1932 auf Jamaika, ehrt die »Wassermusik« einen Gitarristen, der wie kein zweiter den Jazz- und Reggae-Sound Jamaikas prägte. Der große Könner hielt sich ein Leben lang gern im Hintergrund. Auf seiner Europa-Abschiedstournee ist er u. a. mit dem Jazzsaxophonisten Courtney Pine und Afro-Beat-Drummer Tony Allen zu erleben. Ein hörenswerter Musiktipp vorab ist die CD »Surfin’«.

Wer messerscharfe Dub-Poetry schätzt oder traditionelle Inselmusiken auf elektrischen, akustischen und traditionellen Instrumenten, der sollte die Auftritte von Roger Robinson oder Elkin Robinson nicht verpassen. Aber, man kann es kaum glauben, auch Cowboy-Musik gibt es in der Karibik, jedenfalls auf St. Lucia. Sänger L. M. Stone ist der klingende Beweis. Und Calypso Rose aus Tobago, seit 50 Jahren bekannt, sang sich mit 800 Titeln weit über die karibischen Grenzen hinaus ins internationale Musikgeschäft.

Traditionelle südamerikanische Liedkultur arrangieren Bitunin, das sind zwei Geschwisterpaare aus Bogota. Bewusst avantgardistisch, kennen sie dabei keine Berührungsängste, so auch nicht mit den Kompositionen von Tangomeister Astor Piazzolla. Gwoka, eine traditionelle Musik von Guadeloupe vermischt der Tenorsaxophonist Jaques Schwarz-Bart, mit haitianischem Liedgut, das stets auch von spirituellen Einflüssen geprägt ist.

Der experimentellste Konzertabend der diesjährigen »Wassermusik« kommt am 17. Juli auf die Konzertbesucher. Der New Yorker Avantgardeschlagzeuger Ches Smith trifft unter dem Arbeitstitel »We all break« auf haitianische Percussionisten, und die Elektroniker »Gebrüder Teichmann« arbeiten mit acht MusikerInnen und Videokünstlern aus Mexiko, Guatemala und Costa Rica zusammen. Derzeit in Hamburg leben Estrellas de Carla. Das Quartett verarbeitet, punkig reduziert, klassische Karibik-Kompositionen. Digitalisierte Cumbia, mit Hip-Hop gepaart, gibt es bei System Solar.

Zum zweiten Höhepunkt dieser Konzertreihe gereicht das Wiederauftauchen des Steel-Drummers Andy Narell, der vor Jahrzehnten im legendären »Quartier Latin« in Berlin-Schöneberg bereits umjubelte Konzerte gab. Für musikalische Feinschmecker sollte besonders noch auf das Gastspiel von Tom McDermott verwiesen werden. Der New-Orleans-Pianist wird karibische Stücke von Louis Moreau Gottschalk anbieten, der als erster Komponist europäische Harmonien mit afrikanischen Rhythmen kombinierte. Zum Finale in der musikalischen Spurensuche trumpft schließlich die mexikanische Gruppe Sonex auf, die Indiomusiken, Jazz und Flamenco fusioniert.

www.hkw.de/wassermusik

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