Grüne Agrarminister fordern neue Milchquote
Bundesregierung soll sich für befristete staatliche Begrenzung ohne Entschädigung einsetzen / Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern beraten ab Freitag in Brüssel
Hannover. Die grünen Agrarminister von sechs Bundesländern fordern einem Bericht der »Hannoverschen Allgemeinen Zeitung« zufolge eine staatliche Begrenzung der Milchmenge. Die Bundesregierung müsse sich auf EU-Ebene »für eine zeitlich befristete entschädigungslose Mengenbegrenzung« einsetzen, heißt es in einem gemeinsamen Antrag der Länder Niedersachsen, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein zur Agrarministerkonferenz an diesem Donnerstag in Brüssel. Hintergrund sei, dass es von Bauern und Molkereien keine ernstzunehmenden Signale für freiwillige Maßnahmen gebe.
»Wir müssen jetzt die Notbremse ziehen und europaweit die Menge deckeln«, sagte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer der Zeitung. In einem einstimmigen Beschluss hatte die Agrarministerkonferenz der Länder der Branche diesen Schritt schon im April angedroht. Seither habe sich die Lage auf dem Milchmarkt nicht gebessert, kurzfristig seien »keine Impulse auf der Nachfrageseite zu erwarten«, heißt es dem Bericht zufolge in dem Antrag der grünen Ressortchefs.
Die Agrarminister von Bund und Ländern wollen auf einer Sonderkonferenz am Freitag in Brüssel über Wege aus der Milchkrise beraten. Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Till Backhaus (SPD) als Vorsitzender der Agrarministerkonferenz hat an den Sitz der EU eingeladen, weil zur Bewältigung der Probleme in der Milchwirtschaft Änderungen auf europäischer Ebene notwendig seien, wie er in Schwerin sagte. Es sei das erste Mal, dass eine Agrarministerkonferenz nach Brüssel verlegt wurde.
Backhaus sagte, er wolle damit die Beschlüsse der Frühjahrs-Agarministerkonferenz an die EU herantragen. Die Milcherzeuger leiden unter anhaltend niedrigen Milchpreisen aufgrund eines europaweiten Überangebots. Sie bekommen derzeit nur etwa halb so viel für die Milch, wie sie für eine kostendeckende Produktion brauchen. Seit Mai 2015 ist die Anzahl der Milchviehbetriebe in Deutschland um fast fünf Prozent gesunken. Die deutschen Agrarminister hatten im April beschlossen, auf eine freiwillige Reduzierung der Milchmenge zu setzen und dafür finanzielle Anreize zu geben.
Backhaus sagte, es gebe zwar erste leichte Anzeichen für eine Stabilisierung der Angebotsmenge. »Dennoch bedarf es weiterer Maßnahmen zur Mengendisziplin auf der Erzeugerseite.«
Es sei notwendig, die Gemeinsame Marktordnung und damit die Lieferbeziehungen zwischen Landwirten und Molkereien neu zu verhandeln. »Verträge müssen so ausgestaltet werden, dass Marktsignale Erzeuger schneller erreichen, damit sie entsprechend darauf reagieren können. So wäre es möglich, die Marktrisiken gleichmäßiger auf die Beteiligten zu verteilen.« Weitere Finanzhilfen dürften nur mit einer verpflichtenden Mengendisziplin einhergehen.
Vor der Konferenz in Brüssel ist nach Ministeriumsangaben eine Diskussionsrunde mit dem EU-Agrarkommissar Phil Hogan geplant. Er hatte sich kürzlich auf dem Deutschen Bauerntag gegen obligatorische Mengenreduzierungen bei Milch ausgesprochen. Eingeladen seien auch der französische Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll, der Vorsitzende des Agrarausschusses des EU-Parlaments, Czeslaw Adam Siekierski, und die deutschsprachigen Mitglieder des Ausschusses. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.