Kriegsdienstgegner Kotsaba freigesprochen

Neue Hoffnung in der Ukraine für politische Gefangene

  • Ulrich Heyden, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.

Er sei »schockiert und zugleich in Euphorie« gewesen, erklärte nach seinem Freispruch der Journalist Ruslan Kotsaba. Noch in der Nacht vor der Berufungsverhandlung am Donnerstag in der westukrainischen Stadt Iwano-Frankiwsk habe er geträumt, er müsse – wie von der Staatsanwaltschaft gefordert – zwölf Jahre im Gefängnis bleiben. Erst vor wenigen Tagen war Kotsabas Ehefrau Uliana in Berlin und warb für die Freilassung ihres Mannes, wie »nd« berichtete.

Mit Tränen der Freude verließ der 49-jährige Journalist nun den Glaskäfig im Berufungsgericht und beantwortete wieder als freier Mann Fragen. Das Berufungsgericht hatte den Journalisten vom Vorwurf der »Behinderung der Streitkräfte« freigesprochen. Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Wiederaufnahme der Beweisaufnahme wurde vom Gericht abgelehnt.

Kotsaba war 18 Monate in Haft. Am 12. Mai 2016 hatte ihn ein Gericht im westukrainischen Iwano-Frankiwsk wegen »Behinderung der Streitkräfte« zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Anlass der Verurteilung war ein Youtube-Aufruf von Kotsaba, den Kriegsdienst in der Ostukraine zu verweigern.
Nach seiner Freilassung erklärte der Journalist gegenüber dem Internet-Portal Strana.ua, er werde auf Wiedergutmachung für die eineinhalb Jahre Haft klagen. Wenn er in der Ukraine nicht wieder als Journalist arbeiten könne, werde er sich der Durchsetzung von Menschenrechten widmen. Im Gefängnis habe er gesehen, »wie viele Menschen mit zerbrochenen Schicksalen hinter Gittern sitzen«.

Seine Anwältin Tatjana Montian erklärte in einem Telefongespräch mit »nd«, der Freispruch hänge mit dem öffentlichen Druck aus Europa zusammen. Immerhin hätten 21 Abgeordnete des Europäischen Parlaments aus linken und liberalen Fraktionen die Verurteilung von Kotsaba als Angriff auf die Meinungsfreiheit verurteilt. Außerdem hatte Montian eine Klage beim Europäischen Gericht für Menschenrechte eingereicht. Es könne sein, dass es nun »Hunderte Rechtsanwälte von politischen Gefangenen geben wird, die sich auf das Urteil berufen«.

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