Briten sollen Spitzelei von Mark Kennedy untersuchen
Berlin fordert, Ermittlungen gegen »Mark Stone« auf Tätigkeiten in Deutschland auszuweiten
Mark Stone war in ganz Europa als linker Aktivist bekannt und hatte Freunde in vielen europäischen Ländern. Für sie war es ein Schock, als 2010 bekannt wurde, dass der Mann eigentlich Mark Kennedy heißt und ein Undercoveragent des britischen Geheimdienstes war. Seit über einem Jahr untersucht in Großbritannien eine Kommission unter dem Vorsitz des Sonderermittlers Christopher Pitchford die Einsätze des verdeckter Ermittlers in der linken Szene.
Ein Schwerpunkt der Ermittlungen sind die sexuellen Beziehungen, die der Agent mit mehreren Frauen in der linken Szene eingegangen ist. Eine Berliner Freundin von Stone bezeichnete die Aufdeckung seiner Spitzeltätigkeit als »lange, qualvolle Folter«. Doch bisher sind die Auslandsbeziehungen des Spitzels nicht Gegenstand der Untersuchungen der britischen Kommission, sondern lediglich sein Einsatz in Wales und England.
Dagegen will der in Berlin lebende Jason Kirkpatrick, der mit dem vermeintlich linken Aktivisten Stone mehrere Jahre befreundet war, jetzt juristisch vorgehen. Seine Rechtsanwältin Anna Luczak hat ein Schreiben an das britische Home Secretary, wie das Innenministerium in Großbritannien heißt, gerichtet, in dem die Einbeziehung der geheimdienstlichen Tätigkeit Stones in Deutschland gefordert wird.
Eine Verweigerung verstoße gegen mehrere Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention, heißt es in dem Schreiben, das die erste Stufe einer Klage darstellt. »Das Home Secretary hat jetzt 14 Tage Zeit zu reagieren, dann werden wir weitere juristische Schritte vorbereiten«, erklärte Kirkpatrick gegenüber »nd«. »Ich warte seit einem Jahr, dass unsere Fälle Teil der Untersuchung werden, und bin mit meiner Geduld am Ende«, begründete er den juristischen Schritt.
Die Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele (Grüne) und Andrej Hunko (LINKE) haben sich in einem Schreiben an das britische Justizministerium dafür eingesetzt, dass Kennedys Aktivitäten in Deutschland Teil der Untersuchung werden müssen. Konkret soll die britische Polizei darüber informieren, wie britische Undercoveragenten bei Protestaktionen in Baden-Württemberg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern agierten.
Auch das Bundesinnenministerium unterstützt mittlerweile das Anliegen von Kirkpatrick. In einem »nd« vorliegenden Schreiben erklärt der Referatsleiter Peter Steck, man habe das Home Secretary »um Ausdehnung des Untersuchungsauftrages der sogenannten Pitchford Kommission auf verdeckte Einsätze britischer Polizeibeamter in Deutschland gebeten«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.