Ecuador schickt Kubaner zurück
Gestrandete Migrationswillige mit Ziel USA müssen Heimkehr auf die Insel antreten
Es ist eine der sichtbarsten Folgen der veränderten Kubapolitik der USA. Seit der im Dezember 2014 begonnenen Annäherung zwischen beiden Ländern ist die Zahl ausreisender Kubaner sprunghaft angestiegen - nicht nur über den Landweg, auch über die Straße von Florida. Allein seit dem vergangenen Wochenende sind mindestens 60 Kubaner, die über das Meer geflüchtet waren, an der Küste Floridas gelandet. Viele befürchten eine baldige Aufhebung des »Cuban Adjustment Acts« und damit ein Ende der US-amerikanischen Vorzugsbehandlung für kubanische Migranten. Im bis Ende September reichenden sogenannten Fiskaljahr waren es 2011 weniger als 8000 Kubaner, die in die USA migrierten, 2016 sind es schon jetzt mehr als 44 000.
Ihren Traum von den USA mussten 122 Kubaner zumindest vorerst begraben. Sie wurden in den vergangenen Tagen von Ecuador zurück auf die Karibikinsel deportiert. Die Abgeschobenen gehören zu einer Gruppe von rund 600 Kubanern, die seit Monaten in einem provisorischen Lager in einem Park in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito campierten. Fast täglich kam es zu Protestaktionen, bevor die Behörden des südamerikanischen Landes schließlich die Überprüfung des Aufenthaltsstatus der Kubaner ankündigten. Noch am selben Tag wurden rund 150 Protestierende von der Polizei festgenommen und stundenlang in Gewahrsam gehalten - ohne Lebensmittel und Wasser und ohne Zugang zu Familienangehörigen oder Anwälten, wie Menschenrechtsaktivisten bemängelten. Kinder und jene, die Aufenthaltsgenehmigungen vorweisen konnten, wurden freigelassen; alle anderen Abschieberichtern vorgeführt. Diese segneten in Schnellverfahren die Deportationen ab.
Die Anwälte der Kubaner bemängelten, dass sie praktisch keine Zeit hatten, mit den Festgenommenen zu sprechen. Laufende Asylverfahren seien ignoriert worden. Juan Pablo Albán, einer der Vertreter der Kubaner, sagte, es handele sich nicht um Abschiebungen, sondern um »kollektive Ausweisungen«. »Sie wurden mit Gewalt durchgesetzt, ohne rechtmäßiges Verfahren, allein aufgrund der bloßen Annahme, dass die Kubaner sich in einer irregulären Aufenthaltssituation befinden.«
Ecuadors Präsident, Rafael Correa, dagegen versicherte, dass bei den Abschiebungen alles mit rechten Dingen zugegangen sei. »Hier sind alle willkommen, die in diesem wundervollen Land bleiben wollen«, sagte er, »aber wir werden keinen Menschenhandel unterstützen und dafür sorgen, dass Ecuador respektiert wird.«
Ecuador hatte zum 1. Dezember 2015 die Visumpflicht für Kubaner wieder eingeführt. Schätzungen zufolge waren seit deren Abschaffung 2008 rund 50 000 Kubaner in das südamerikanische Land eingereist, wo sie heute eine der zahlenmäßig größten Minderheiten stellen. Für viele Kubaner ist Ecuador aber nur Durchgangsstation auf dem Weg in die USA. Darauf spielte Correas Aussage an. Die kubanische Regierung wiederum verwies darauf, dass ihre Landsleute legal ausgereist seien und dementsprechend keine Sanktionen bei der Rückkehr zu befürchten hätten.
Vor einem Monat hatten Dutzende Kubaner begonnen, vor der mexikanischen Botschaft in Quito zu campieren. Sie forderten humanitäre Visa für Mexiko, um von dort in die USA weiterzureisen. Ecuadors Außenminister, Guillaume Long, sagte, dass seine Regierung »an dieser illegalen Migration durch Menschenhandel oder die Bereitstellung von Flugzeugen (nach Mexiko, d. Red.] nicht teilnehmen kann«. Auch die mexikanische Botschaft in Ecuador lehnte die Ausstellung humanitärer Visa ab.
Vergangene Woche erst waren Vertreter Kubas und der USA zu den halbjährig stattfindenden Migrationsgesprächen zusammengekommen, die zwar als positiv bewertet wurden. Dennoch verurteilte Kubas Regierung die US-Politik in einem Statement im Anschluss an die Gespräche erneut scharf und forderte die Beendigung der speziell für Kubaner geltenden Einwanderungspolitik. Sie entspräche nicht dem Geist der Annäherung.
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