Wettstreit um teuren Boden
Agrarflächen sind in den Fokus von Investoren gerückt - Länder planen Preisbremse
Landkauf ist bei Investoren in Mode. Rentenversicherer und reiche Indus-trielle, der »erste Bauer an der Börse« - die insolvente Aktiengesellschaft KTG -, aber auch holländische Agrarkonzerne und Menschen, die sich ihren Jugendtraum erfüllen, sowie »grüne« Energiegenossenschaften erwerben immer mehr landwirtschaftliche Nutzflächen.
Ein wichtiger Treiber ist die Energiewende. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz führe trotz Reformen »zu lang anhaltenden strukturellen Verwerfungen«, erwarten Forscher des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Halle. Die gegenseitige Ergänzung von Biogas- und Tierproduktion bewirke eine zusätzliche Intensivierung der Landnutzung. »Der vermehrte Bedarf an Anbaufläche für Futter- und Energiepflanzen führt darüber hinaus zu einem stärkeren Wettbewerb auf dem Bodenmarkt.«
Wenn Investoren anrücken, sind Politik und Öffentlichkeit argwöhnisch: Die Käufer setzten auf Rendite statt Nachhaltigkeit und interessierten sich nicht für die Belange der örtlichen Bevölkerung, heißt es. Besonders die Übernahme von Kapitalanteilen eines Agrarunternehmens in der Form einer GmbH oder Aktiengesellschaft - ein sogenannter Share-Deal - trifft auf Skepsis. Solche Übernahmen »juristischer Personen« benötigen im Unterschied zum direkten Kauf landwirtschaftlicher Flächen keine Genehmigung durch die Landesbehörde nach dem Grundstückverkehrsgesetz aus den 1960er Jahren.
In Ostdeutschland wird schon mehr als die Hälfte aller Flächen von juristischen Personen bewirtschaftet. Dort sind die Betriebe fünf Mal so groß wie im Westen, wo über 90 Prozent der Bauernhöfe Familienbetriebe sind.
Eine Studie des bundeseigenen Thünen-Instituts für Ländliche Räume zeigt allerdings erhebliche regionale Unterschiede in acht ostdeutschen Landkreisen. Insgesamt wechselten dort im untersuchten Zeitraum 2007 bis 2014 rund zwölf Prozent der Agrarflächen den Eigentümer. Wobei der größte Teil an überregional aktive Investoren ging. Ein »beachtlicher Anteil« daran waren Share-Deals. »Wenn landwirtschaftliche Fläche in diesem Ausmaß den Eigentümer wechselt, stellt sich die Frage nach dem Sinn des Gesetzes«, schreibt Studienautor Andreas Tietz.
Doch vor einer Verschärfung des Grundstückverkehrsgesetzes müsse etwa geklärt werden, so Tietz, ob Investoren wirklich schädlicher für die Struktur des ländlichen Raumes seien als ortsansässige Bauern. Bislang gibt es laut Thünen-Institut keine Studie über die Wirkungen des Strukturwandels. So investieren viele Neueigentümer in die Modernisierung der alten Betriebe, setzen auf Ökotierzucht oder beleben die Region durch »Ferien auf dem Gutshof«.
Klar ist allerdings, dass durch die im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegene Nachfrage die Marktpreise rasant zugelegt haben. So erreichten die Preise für Agrarflächen in Thüringen im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand, wie das Statistische Landesamt am Mittwoch meldete. Im Schnitt wurden pro Hektar rund 10 500 Euro vom Käufer auf den Tisch gelegt. Am teuersten ist das Altenburger Land, dort kostet ein Hektar durchschnittlich mehr als 21 000 Euro.
Niedersachsen, ein Land mit großteiliger Agrarstruktur wie in den östlichen Nachbarländern, zieht nun als erstes Bundesland die Notbremse. Dort kostet der Hektar Ackerland in der Spitze 30 000 Euro. Nach dem Beispiel der Mietpreisbremse hat die rot-grüne Landesregierung vergangene Woche Eckpunkte für eine Gesetzesreform beschlossen, um den Kauf von Flächen und Pachtzahlungen zu deckeln. Ansässigen Landwirten soll ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden. »Bauernland muss in Bauernhand bleiben«, meint Agrarminister Christian Meyer (Grüne). Mehrere Bundesländer, vor allem im Osten, arbeiten an ähnlichen Gesetzen.
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