Erneut Hackerangriff auf US-Demokraten
Bundespolizei FBI eingeschaltet / Partei gesteht frühere Attacken auf ihre Server ein / Debatte um Trumps »sarkastische« Hacker-Aufforderung Richtung Moskau
Berlin. Die US-Demokraten sind erneut Opfer eines Hackerangriffs geworden: Diesmal traf es das Wahlkampfkomitee der Partei im Repräsentantenhaus (DCCC). Die Bundespolizei FBI habe Ermittlungen eingeleitet und das Komitee arbeite an schärferen Sicherheitsvorkehrungen, erklärte Sprecherin Meredith Kelly am Freitag. Zugleich gestand das Wahlkampagnenteam von Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ein, dass bei einem früheren Angriff auch ihr Computersystem betroffen war. DCCC-Sprecherin Kelly erklärte, der jüngste Angriff ähnele der früheren Cyberattacke auf das E-Mail-System der US-Demokraten. Das Komitee bemühe sich um eine Erhöhung seiner Netzwerksicherheit und kooperiere mit den Bundesbehörden, erklärte sie. Das FBI erklärte, es sei in Kenntnis der Berichte und gehe den Hinweisen auf Hackerangriffe nach.
Erst kürzlich waren die Demokraten Opfer eines Hackerangriffs geworden, bei dem tausende E-Mails erbeutet wurden. Die Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichte die E-Mails anschließend und brachte damit die Parteiführung in Bedrängnis: Die E-Mails zeigten, wie sie die Wahlkampfkampagne des linken Bewerbers Bernie Sanders zugunsten von Clinton zu untergraben versucht hatte.
Die US-Führung schließt nicht aus, dass Russland hinter den Angriffen stecken könnte. Moskau weist das zurück. Vor einigen Tagen veröffentlichte Wikileaks außerdem Tonbandaufnahmen der Partei, die offenbar erneut direkt von den Servern des Netzwerks des Demokratischen Nationalkomitees (DNC), also der zentralen Parteileitung, gehackt wurden. Auch in den Aufnahmen geht es um den Umgang der Partei mit den Präsidentschaftsanwärtern Clinton und Sanders.
Clintons Wahlkampagnenteam erklärte nun am Freitag, dass den Hackern bei dem Angriff auf das DNC auch der Zugriff auf ein Programm zur Datenanalyse gelungen sei. Dieses werde auch von dem Wahlkampfteam genutzt, erklärte der Sprecher Nick Merrill. Das System werde derzeit von Experten untersucht - Hinweise auf eine Beschädigung des internen Systems gebe es aber bislang nicht. Wikileaks-Gründer Julian Assange deutete im Gespräch mit dem Sender CNN weitere Enthüllungen über Clinton an. »Wir haben noch mehr Material zur Kampagne von Hillary Clinton«, sagte er. »Das ist äußerst interessant.« Die Systeme des DNC bezeichnete er als unsicher und anfällig für Angriffe.
Clinton war am Dienstag offiziell zur Präsidentschaftskandidatin der Demokraten gekürt worden. Sie tritt bei der Wahl gegen den republikanischen Rechtspopulisten Donald Trump an. Der hatte zunächst die russischen Geheimdienste aufgerufen, E-Mails aus Clintons Amtszeit als Außenministerin aufzuspüren und an die US-Bundespolizei FBI zu übermitteln. »Russland, wenn Du zuhörst, ich hoffe, dass Du es schaffst, die 30.000 fehlenden E-Mails zu finden«, sagte er. Die Mail-Affäre Clintons ist eines der Hauptthemen von Trumps Wahlkampf. Später relativierte er seine Äußerung. »Natürlich war ich sarkastisch«, sagte Trump. Der Rechtspopulist lobte in einem Interview des Fernsehsenders Fox News zugleich erneut die Führungsstärke des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Die Demokraten reagierten erbost auf Trumps Appell an die russischen Geheimdienste. Der frühere Chef des Auslandsgeheimdienstes CIA, Leon Panetta, sagte beim Parteitag der Demokraten in Philadelphia, Trump habe sich damit ein weiteres Mal auf die Seite Russlands geschlagen. Es sei »unfassbar«, dass ein US-Präsidentschaftskandidat die Russen zu einer Einmischung in die US-Politik per Cyberattacke aufrufe. Bereits zuvor hatte Clintons Wahlkampfteam die Äußerungen Trumps als »Frage der nationalen Sicherheit« bewertet. Clintons Top-Berater Jake Sullivan erklärte, dies sei wohl das erste Mal, dass ein wichtiger Präsidentschaftskandidat eine ausländische Macht »aktiv ermutigt«, seinen politischen Gegner auszuspionieren.
In Moskau wurden entsprechende Vorwürfe zurückgewiesen. In Berichten wird allerdings immer wieder auf Erkenntnisse der von den Demokraten beauftragten Sicherheitsfirma CrowdStrike verwiesen, die auf Spuren von zwei Hackergruppen stießen, die »in der Welt der Geheimdienste und Cybersecurity-Experten« (»Spiegel«) als Akteure betrachtet werden, hinter denen der russische Inlandsgeheimdienst FSB und der Militärgeheimdienst GRU stünden. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte mehrfach Sympathien für den Rechtspopulisten Trump erkennen lassen. Kritiker vermuten, dass Moskau auf den Wahlkampf in den USA Einfluss zu nehmen und Trump zu stärken versuche, da der Milliardär als US-Präsident zu einem strategischen Vorteil Russlands werden könnte. Umgekehrt hatten russische Stellen früher auch beklagt, die US-Seite hätte sich in den Wahlkampf in Russland eingemischt. Agenturen/nd
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