Größere Schäden als 2014

Stresstest: Krise könnte EU-Banken 642 Milliarden Euro kosten

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

John Cryan findet, dass seine Bank gut aufgestellt ist. »Unser Umfeld bleibt herausfordernd. Der Stresstest zeigt aber, dass die Deutsche Bank auch für noch härtere Zeiten gewappnet ist«, kommentierte der Chef der Deutschen Bank am späten Freitagabend die Ergebnisse des europaweiten Bankenstresstests. Was der Manager dabei jedoch geflissentlich verschwieg: Es gibt europaweit nur acht Großbanken, die im Krisenfall schlechter dastehen würden als die Deutsche Bank.

Insgesamt 51 Kreditinstitute testete die Europäische Bankenaufsicht EBA auf ihre Krisenfestigkeit hin. Auch wenn sich die Ergebnisse für die einzelnen Banken »erheblich« unterschieden, so meinen die Tester, dass die Resultate »die Widerstandsfähigkeit im EU-Banken-Sektor« zeigten. Die Europäische Zentralbank (EZB) gab ebenfalls Entwarnung. »Der Bankensektor ist heute widerstandsfähiger und kann deutlich besser mit wirtschaftlichen Schocks umgehen als noch vor zwei Jahren«, meinte Danièle Nouy, die bei der EZB die Bankenaufsicht leitet. Gründe hierfür seien die beträchtliche Kapitalaufnahme und die zusätzlichen Maßnahmen, »welche die Banken in den vergangenen zwei Jahren zur Sanierung ihrer Bilanzen durchgeführt haben«.

Nicht alle sind so optimistisch. Für Fabio De Masi, der für die LINKE im Europaparlament sitzt, gleicht der Stresstest einem »Fiebermessen bei den Zombies«. Hauptsache die Temperatur stimme. »Die Resultate sind weder nachvollziehbar noch belastbar«, so der Bankenexperte De Masi. Die Stresstests gingen im normalen Szenario von völlig unrealistischen Annahmen aus. Es würden ein zu hohes Wachstum unterstellt und die mittelfristigen Auswirkungen der niedrigen Zinsen ignoriert beziehungsweise ein falsches Zinsniveau unterstellt.

Für den Krisenfall kalkulierten die Tester mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung EU-weit dieses Jahr um 1,2 und nächstes Jahr um 1,3 Prozent. 2018 sollte die Wirtschaft wieder um 0,7 wachsen. Dies seien in den nächsten drei Jahren 7,1 Prozent weniger als für das Basisszenario angenommen, schreibt die EBA. Vor allem aber konnten dieses Jahr auf Grund der geänderten Regeln keine Banken durchfallen. Beim letzten Stresstest im Jahr 2014 mussten noch einige Geldhäuser nachsitzen, darunter auch die Münchener Hypothekenbank.

Im Krisenfall müssten die Banken nach den jetzigen Berechnungen allein faule Kredite im Wert von 349 Milliarden Euro abschreiben. Insgesamt könnte ein Schaden in Höhe von 642 Milliarden Euro entstehen. Im Schnitt würde dadurch das harte Eigenkapital der EU-Banken von derzeit 13,2 auf 9,4 Prozent schrumpfen. Damit ständen die Banken jetzt zwar im Krisenfall besser da als beim Stresstest 2014 angenommen - damals ging man von einem Einbruch von 11,2 auf 8,6 Prozent aus. Doch wäre dieses Mal der Schaden einer Krise mit Einbußen im Schnitt von 3,8 Prozentpunkten im Vergleich zu 2,6 Prozentpunkten beim Stresstest 2014 deutlich höher.

Das derzeit größte Sorgenkind ist die notleidende Banca Monte dei Paschi di Siena, für die die EZB erst kürzlich einen Rettungsplan genehmigt hatte. Dem Stresstest zufolge könnte ihr hartes Eigenkapital im Krisenfall sogar ins Negative rutschen. Auch die italienische Unicredit, die spanische Banco Popular oder die österreichische Raiffeisen-Landesbanken-Holding würden mit einem Schrumpfen ihres Eigenkapitals auf nahebei oder sogar unter sieben Prozent in einer Krise eher schlecht dastehen.

Unter den neun von der EBA getesteten Banken schnitten die Deutsche Bank und die Commerzbank am schlechtesten ab. Das Eigenkapital der Commerzbank, die während der Finanzkrise mit Hilfe von Steuergeldern gerettet wurde, würde im Worst-Case-Szenario auf 7,42 Prozent fallen. Das der Deutschen Bank würde 5,4 Prozentpunkte einbüßen und auf 7,8 Prozent abrutschen.

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