Partei stellt SPD-Abgeordneter Hinz Ultimatum

Ruf nach schneller Mandatsniederlegung wegen gefälschter Biografie auch aus der SPD-Spitze / Essener Politikerin bezieht wohl noch Tausende Euro

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Berlin. Die Hinauszögerung ihrer Mandatsniederlegung bringt der SPD-Abgeordneten Petra Hinz immer mehr Ärger ein. Die Essener Politikerin hatte nach dem Eingeständnis von gefälschten Angaben zu ihrem Lebenslauf die Abgabe ihres Mandats am 20. Juli angekündigt. Doch seither ist nichts passiert. Hinz kann deshalb bis auf Weiteres ihre Abgeordnetenbezüge weiterbeziehen. Wenn sie wie inzwischen erwartet wird erst Mitte September aus dem Bundestag ausscheidet, bekommt sie ihre Abgeordnetenentschädigung über 9.300 Euro noch bis Ende des Monats, ihre Kostenpauschale in Höhe von 4.300 Euro für Mehraufwendungen sogar noch bis Oktober. Nach ihrem Mandatsverzicht darf Petra Hinz außerdem noch 14 Tage lang gratis mit der Deutschen Bahn fahren.

Hinz hat sich lange Zeit als Juristin ausgegeben, obwohl sie weder Abitur hat und auch nicht studiert hat. Der Essener SPD-Unterbezirksvorsitzende Thomas Kutschaty forderte sie jetzt auf, ihrer Ankündigung dringend Taten folgen zu lassen. «Jeder weitere Tag im Amt ist eine weitere Qual für alle Beteiligten», sagte der nordrhein-westfälische Justizminister der Nachrichtenagentur AFP. Kutschaty sagte dem «Kölner Stadt-Anzeiger, »das ist jetzt eine Frage der Glaubwürdigkeit von Politik«. Im Ortsverein gingen zahlreiche Protestschreiben ein: »Die Leute sind empört, dass jemand an seinem Amt klebt, obwohl er seine Vita gefälscht hat.«

Der Vorstand des Unterbezirks Essen hatte Hinz bereits am Montagabend ein Ultimatum von 48 Stunden gesetzt, ihr Bundestagsmandat niederzulegen. Zugleich beschloss das Gremium ein Parteiordnungsverfahren, das nun in den Händen der Schiedskommission der Partei liegt.

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte Hinz zur baldigen Niederlegung ihres Mandats auf. »Ich hoffe, dass sie es bald vollzieht«, sagte er am Dienstag am Rande seiner Sommerreise in Mecklenburg-Vorpommern. Sie befinde sich wohl gerade in stationärer Behandlung. »Es gibt Leute, die haben ihren Doktortitel gefälscht und sind zurückgetreten«, so der SPD-Vorsitzende.

Nach Angaben eines Bundestagssprechers meldete sie sich am 27. Juli krank und bat um einen Termin zur Mandatsniederlegung mit Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) für Mitte September. Lammert habe Hinz einen früheren Termin angeboten. Ohnehin wäre ein Treffen mit dem Bundestagspräsidenten eigentlich nicht erforderlich, um den Mandatsverzicht zu erklären. Dies könnte Hinz etwa auch bei einem Notar machen.

Hinz ist für die Sozialdemokraten derzeit offenbar gar nicht erreichbar. Sie habe den Kontakt zum Essener Unterbezirk abgebrochen, heiß es. »Wir haben seit Tagen nichts mehr von ihr gehört. Sie antwortet nicht auf unsere Versuche, Kontakt aufzunehmen«, sagte Vize-Chef Endruschat. Aus den Reihen des Vorstands wisse derzeit niemand, wo die Abgeordnete stecke, hieß es. Wenn die 48-Stunden-Frist am Mittwochabend auslaufe, ohne dass die 54-Jährige ihren Mandatsverzicht erklärt habe, sei die Partei aber am Ende ihrer Möglichkeiten, räumte der Vizechef des Unterbezirks ein.

Die Staatsanwaltschaft prüft nach dem Eingang mehrerer Anzeigen, ob sie ein Ermittlungsverfahren gegen Hinz einleiteten soll. Es lägen ungefähr ein Dutzend Anzeigen vor, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Es gebe zunächst aber nur eine Vorprüfung. Über ein förmliches Ermittlungsverfahren sei noch nicht entschieden. Dafür müsste auch die Immunität von Hinz aufgehoben werden.

Hinz kann aber praktisch nur selbst den Mandatsverzicht herbeiführen. Das Grundgesetz setzt hier enge Grenzen, um die freie Mandatsausübung zu gewährleisten. Die Abgeordneten »sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen«, heißt es in Artikel 38 der Verfassung. Dem Bundeswahlgesetz zufolge verliert ein Abgeordneter die Mitgliedschaft im Parlament, wenn sich deren Erwerb als ungültig erweist, das Wahlergebnis korrigiert wird oder sich herausstellt, dass er gar nicht wählbar war - etwa weil er nicht volljährig ist. Der Verlust tritt auch ein, wenn seine Partei für verfassungswidrig erklärt wird. Agenturen/nd

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